"Wer hat Schulz?": Wie die SPD mit sich hadert

Analyse: Martin Schulz hat es schwer gegen Angela Merkel, weil ihm Präsenz und Inhalte fehlen. Beginnt die Partei an ihm herumzumäkeln, ist er verloren.

Die Wirtschaftsrede von Martin Schulz, auf die alle schon so lange warten? Wird am Montag nur kurz übertragen; dann wird unterbrochen. Es folgt die Schaltung zur CDUMerkel spricht.

Wie viele deutsche Sender am Tag nach der SPD-Schlappe in Schleswig-Holstein mit den Kanzlerkandidaten umgingen, spricht Bände. Die eine, die sich als Wahlsiegerin feiern darf, bekommt genügend Sendezeit; der andere, vor Kurzem noch als "Gottkanzler" gehandelt, wird schlicht zurückgesetzt.

"Im Kanzlerinnen-Modus"

Was ist da passiert? Klar, könnte man sagen, so ist Politik nun mal; der Trend ist unberechenbar. Doch Gründe, warum Schulz es plötzlich so schwer mit Merkel hat, gibt es einige: Dass die Kanzlerin etwa seit einigen Wochen vermehrt im Ausland unterwegs ist, ist nicht nur internationalen Krisen geschuldet – sie verschafft sich mit Auftritten wie jenen in Russland oder Saudi-Arabien dringend nötige TV-Präsenz abseits von Seehofer und CDU-Querelen. Dass sie dabei nie im Wahlkampf-, sondern immer nur im Kanzlerinnenmodus ist, ist auch wohlkalkuliert: Merkel wird den Wahlkampf erst dann starten, wenn sie den Spannungsbogen auch halten kann. Bis dahin kann sie munter Kanzlerin spielen.

Das ist etwas, was Schulz unterschätzt hat. Nach dem fulminanten Auftakt musste man ihn in den Schlagzeilen zuletzt suchen – da er kein Regierungs-amt hat, mangelt es ihm ohnehin an Präsenz; dass er sich bei den Wahlkämpfen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zurückhielt, um den Kandidaten den Vortritt lassen, hat sich gerächt. Ebenso wie die Tatsache, dass die SPD den Wahlkampf ohne konkretes Programm eröffnet hat: Die Details, die Schulz etwa zu Hartz IV präsentiert hat, wirken im Vergleich zu Merkels omnipräsenter Arbeit dürftig; ebenso wie seine Ankündigungen am Montag – weder die Distanzierung von der Linkspartei noch das Investitionspaket überraschten.

"Schulzzuweisungen"

Noch problematischer dürfte der miesepetrige Umgang der SPD mit dem Misserfolg sein. Die Bilder aus dem Schulzzug, auf dem Schulz und Kollegen ob schlechter Umfragewerte so aussehen, als ob sie gleich das Handtuch würfen, bleiben haften. Dass die Medien "Wer hat Schulz?" unken und über "Schulzzuweisungen" witzeln, darf nicht verwundern.

Die SPD braucht einen Plan B - und der muss positiv motiviert sein. Beginnt sie, an Schulz herumzumäkeln oder ihn zu vernachlässigen, endet das bitter. Erste Symptome zeigen sich jedoch bereits: Dass Sigmar Gabriel parallel zu Schulz’ Rede sein Buch "Neuvermessungen" vorstellte, hatte jedenfalls keine gute Optik.

Manch Beobachter sieht darum bereits einen "Merkel-Effekt" heraufdräuen; das Verlangen des Wählers nach Stabilität. Die Kanzlerin selbst will darüber aber so gar nicht sprechen. Die Frage danach ignorierte sie am Montag einfach. Der "Schulz-Effekt" dürfte ihr eine gute Lehre gewesen sein.

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