Verfassungsgericht in Karlsruhe urteilt über CETA

Entscheidende Tage für CETA: Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe befasst sich mit vier Verfassungsbeschwerden.

Im Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht versuchen die Gegner von CETA am Mittwoch, das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada auf den letzten Metern aufzuhalten. Die Kläger wollen erreichen, dass die Karlsruher Richter die Bundesregierung verpflichten, bei den entscheidenden Abstimmungen im EU-Ministerrat am 18. Oktober mit Nein zu stimmen. Andernfalls würde das Abkommen Ende des Monats unterzeichnet werden und nach Zustimmung des EU-Parlaments bereits in weiten Teilen in Kraft treten.

Worum geht es?

Um zu verhindern, dass Deutschland CETA mit auf den Weg bringt, haben die Gegner des Abkommens insgesamt vier Verfassungsbeschwerden eingereicht. Außerdem gibt es eine Organklage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag gegen die Bundesregierung. Alle fünf Klagen (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.) sind verbunden mit Eilanträgen: Denn in Teilen soll CETA noch vor der Zustimmung des Deutschen Bundestags und der anderen Parlamente in Kraft treten - die Zeit drängt also. Für diesen Mittwoch hat das Verfassungsgericht kurzfristig zur Verhandlung geladen. Der straffe Zeitplan sieht vor, dass die Richter am Abend beraten und am Donnerstagvormittag ihre Entscheidung verkünden.

Was genau entscheiden die deutschen Verfassungsrichter?

Erst einmal geht es nur um die Frage, ob die deutsche Bundesregierung der Unterzeichnung und vorläufigen Anwendung von CETA am 18. Oktober im EU-Ministerrat zustimmen darf. Die Kläger wollen erreichen, dass das Gericht den deutschen Vertreter auf ein Nein verpflichtet. Es wird noch nicht im Detail geprüft, ob die Verfassungsbeschwerden Aussicht auf Erfolg haben. Der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle nimmt lediglich eine sogenannte Folgenabwägung vor.

Was bedeutet das?

Das Verfassungsgericht kann einschreiten, "wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist". Dabei wägen die Richter ab: Wie viel Schaden richtet es an, wenn bei CETA Fakten geschaffen werden und später ein Verstoß gegen das Grundgesetz festgestellt wird? Und umgekehrt: Wie schwerwiegend sind die Folgen, wenn Deutschland den Prozess blockiert und sich die verfassungsrechtlichen Bedenken am Ende in Luft auflösen?

Wie könnte also das Urteil aussehen?

Das lässt sich nicht so einfach beantworten, denn im Eilverfahren können die Richter grundsätzlich alles anordnen. Weisen sie die Anträge ab, hat die Bundesregierung erst einmal freie Hand. Die Gegner könnten aber noch auf die spätere Verhandlung über ihre Verfassungsbeschwerden hoffen - es sei denn, das Gericht erklärt sie gleich für unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Hält der Senat ihre Bedenken aber für so schwerwiegend, dass er eine einstweilige Anordnung erlässt, stehen ihm nahezu alle Möglichkeiten offen.

Könnte das CETA ernsthaft gefährden?

In letzter Konsequenz zumindest empfindlich verzögern. Wenn die deutsche Bundesregierung das Abkommen nicht unterzeichnen darf, kann es beim EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober nicht zu einem Abschluss kommen. Deswegen spielt es im Grunde keine Rolle, ob es bei den Beschlüssen zu CETA im EU-Ministerrat Einstimmigkeit oder - so sieht es der Rat selbst - nur eine qualifizierte Mehrheit braucht. Im schlimmsten Fall müsste die feierliche Unterzeichnung also abgesagt werden.

Urteil am 13.Oktober

Der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle will direkt nach der Verhandlung über die Eilanträge beraten und am Donnerstag um 10.00 Uhr sein Urteil verkünden. Dabei klären die Verfassungsrichter zunächst nur, ob durch die vorläufige Anwendung von CETA nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden. Im Einzelnen wird über die insgesamt fünf Klagen erst später verhandelt - es sei denn, das Gericht erklärt sie direkt für unzulässig oder offensichtlich unbegründet. (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.)

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