Seehofer: "Menschen wollen diese Berliner Politik nicht"

Nach der Wahlschlappe in Mecklenburg-Vorpommern holen der CSU-Chef und der SPD-Vize gegen Merkel aus.

Hatte er sich bisher zurückgenommen, gibt es jetzt kein Halten mehr. Horst Seehofer hat nicht lange gewartet, um Angela Merkel nach dem Wahldebakel in Mecklenburg-Vorpommern seine Sicht der Dinge auszurichten. "Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich", die Menschen wollten "diese Berliner Politik nicht", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. "Die Menschen wollen ernst genommen werden, das werden sie aber nicht." Das Land sei "zerrissen wie selten, das Vertrauen schwindet rasant. Die Menschen verstehen einfach nicht mehr, wie Politik gemacht wird in Deutschland. Sie fühlen sich nicht mehr mitgenommen".

Die deutsche Bundeskanzlerin hatte am Montag am G-20-Gipfel im chinesischen Hangzhou eine Mitverantwortung für das desaströse Wahlergebnis eingeräumt. Eine Änderung ihrer Asylpolitik hat sie aber abgelehnt.

Seehofer distanziert sich wiederholt von Merkels Asylpolitik

"Wir hatten eine erste gute Halbzeit der Großen Koalition", bilanzierte Seehofer weiter und fügte hinzu: "Dieser Weg ist bekanntlich im Spätsommer 2015 durch eine andere Definition der Zuwanderungspolitik verlassen worden. Die CSU wurde darüber weder informiert, noch war sie daran beteiligt. Ich muss mich nicht korrigieren, ich muss nicht mal ein Wort meiner damaligen Äußerungen umstellen."

CSU-Chef ortet Systemkritik

Seine mehrfache Aufforderung zur Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik sei nicht aufgenommen worden, sagte der bayerische Ministerpräsident. Das desaströse Wahlergebnis sei eine Folge davon. Es sei "die Fortsetzung von desaströsen Wahlergebnissen" der CDU. Die Flüchtlingspolitik sei dabei nur ein Ventil, die Problematik liege wesentlich tiefer. Er sei überzeugt, "dass dahinter eine Systemkritik steckt".

Seehofer forderte: "Wir brauchen inhaltlich eine klare Orientierung: Steuern, innere Sicherheit, Rente, Zuwanderung - spätestens September, Oktober muss eine Klärung her." Die CSU wolle diese bereits bei ihrer Vorstandsklausur am Wochenende geben - "dann müssen wir sehen, ob wir uns einigen können mit der CDU".

Seehofer will "innenpolitische Klärung der Dinge"

Seehofer verlangte von Merkel zudem eine stärkere Konzentration auf die Innenpolitik. Er sagte, nun gehe "es darum, den Menschen eine klare inhaltliche Orientierung zu geben". Deshalb werde er auch seine für Oktober geplante Russlandreise zu Präsident Wladimir Putin um zwei, drei Monate verschieben. "Die innenpolitische Klärung der Dinge ist das Gebot der Stunde", sagte Seehofer.

Bundestagswahl 2017

Seehofer ist gegen eine Kandidatur-Debatte zum aktuellen Zeitpunkt. Seinem Willen nach soll erst dann über Personen gesprochen werden, wenn beide Parteien bis zu den Parteitagen im November (CSU) und Dezember (CDU) ihre inhaltlichen Positionen für den Wahlkampf festgelegt haben.

Seit Monaten wird in der CDU über Merkels Zukunft spekuliert, weil sie nach elf Jahren Kanzlerschaft bisher keine Aussage zu einem erneuten Antreten bei der Wahl im kommenden Jahr gemacht hat. Merkel sagte dazu zuletzt, sie habe sich noch nie festgelegt, wann sie ihre Entscheidung öffentlich machen wolle.

SPD-Vizechef: "Merkel hat ihren Zenit eindeutig überschritten"

Kritik kommt - wenig überraschend - auch vom Koalitionspartner. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner äußerte Zweifel an einer weiteren Kandidatur der deutschen Bundeskanzlerin: "Frau Merkel hat ihren Zenit eindeutig überschritten", sagte Stegner dem Spiegel mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Jahr. "Die Frage ist, ob sie ihre Partei noch hinter sich hat."

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