Seehofer kann's nicht lassen: Bayern will Berlin klagen

Horst Seehofer und Angela Merkel
Zwist um Flüchtlingspolitik: Bayern will sich gegen den Bund durchsetzen - notfalls juristisch.

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Nach außen hin ist alles eitel Wonne. "Wenn man mit jemandem konstruktiv diskutieren kann, dann mit der Kanzlerin", schwärmt Horst Seehofer – richtig handzahm gibt er sich nun, einige Tage nach der Aussöhnung mit Kanzlerin Angela Merkel. Keine Spur mehr vom bayerischen Rabauken, der mit der Aufkündigung der Koalition drohte.

Doch so ganz stimmt das nicht. Denn während nach außen hin liebliche Töne angeschlagen werden, taktiert Bayerns Ministerpräsident im Hintergrund: Der Freistaat setzt auf juristische Mittel, um seine Wünsche durchzubringen – man hat einen Juristen beauftragt, eine Verfassungsklage gegen den Bund vorzubereiten.

Eigenstaatlichkeit in Gefahr

Der Vorwurf: Berlin gefährde die Eigenstaatlichkeit Bayerns, indem der Zuzug der Flüchtlinge nicht begrenzt werde – der Freistaat sei dadurch, dass der Bund die Dublin-III-Regeln teils ausgesetzt habe und die Einwanderung nicht lückenlos kontrolliere, in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Aufsetzen soll die Klagsschrift der renommierte Rechtsprofessor Udo di Fabio – der Bonner war früher selbst Richter am Verfassungsgericht in Karlsruhe, wo die Klage landen würde; er ist mit Materie und Umfeld also bereits bestens vertraut.

Die Strategie hinter diesem Schritt ist simpel. Die öffentlichkeitswirksame Einigung, die Seehofer und Merkel nach ihrem Gesprächsmarathon am Wochenende erzielten haben, entspricht nämlich nicht ganz den Wünschen der Bayern. Zwar hat Seehofer mit dem Transitzonen-Kompromiss einen kleinen Sieg errungen, doch seinen lautstark getrommelten Wunsch nach einer Obergrenze hat Angela Merkel ihm nicht erfüllt. Vielmehr musste der CSU-Chef in diesem Punkt klein beigeben: Statt von "Obergrenzen" spricht er auch selbst nur mehr von einer "Reduktion" der Zahl der Flüchtlinge; ein wesentlicher Unterschied für alle Beobachter – nur nicht für Seehofer: "Der Begriff ist ja nicht so wichtig", sagt er nun.

Handlungsspielraum

Diesen Rückschlag soll die Klagsandrohung nun wieder aufwiegen – und sie soll den Bayern beim Treffen der Koalitionspartner, das am Donnerstag endlich eine Lösung bringen soll, Handlungsspielraum verschaffen. Denn während CDU und CSU nunmehr auf einer Wellenlänge liegen, weigert sich die SPD, den Transitzonen zuzustimmen. Knackpunkt ist die Frage, ob Flüchtlinge in den Zonen – ähnlich wie in Haftanstalten – festgehalten werden sollen; die SPD sperrt sich dagegen, Schutzsuchende "einzuzäunen und zu bewachen".

Alle drei Konfliktparteien haben im Vorfeld allerdings signalisiert, verhandlungsbereit zu sein. "Das müssen drei erwachsene Menschen ja schaffen", meinte Seehofer, denn mit Streit könne man "bei diesem Thema keine Punkte machen". Auch Merkel befand, das ja "alle wollen, dass wir vernünftige Lösungen finden." Nur SPD-Chef Sigmar Gabriel konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: "Wir machen aber keine Symbolpolitik mit, nur damit Horsti wieder lieb ist."

Erwartet wird dennoch, dass sie sich auf einen Mittelweg verständigen, denn im Kern der Sache sind CDU, CSU und SPD einander sehr nahe. Dass damit aber auch alle Konflikte ausgestanden sind, ist unwahrscheinlich – die Klage, quasi als Seehofers Ass im Ärmel, ist der beste Beweis dafür: "Ich bin im Moment zufrieden, aber die Umsetzung ist entscheidend. Aber das ist keine Drohung", scherzte er vor dem Treffen.

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