"Sie kamen im Auftrag des IS"

Innenminister de Maizière: „Die Situation ist unverändert ernst"
Mutmaßliche Terroristen in deutschen Flüchtlingsheimen verhaftet – das befeuert Asyl-Debatte neu.

Thomas de Maizière ist der Gehalt der Nachricht mehr als bewusst. "Wir wollten denkbare Gefahren abwenden", sagt der Bundesinnenminister bei der kurzfristig einberaumten Pressekonferenz in Berlin, er ist sehr ruhig. Einige Stunden zuvor wurden in Norddeutschland drei Flüchtlingsheime gestürmt; 200 Mann waren im Einsatz, sie nahmen drei Verdächtige aus Syrien fest.

Konnex mit Paris

Vorgeworfen wird den Männern im Alter zwischen 16 und 28 genau das, wovor man sich in Deutschland derzeit am meisten fürchtet – und was die politische Debatte seit den Anschlägen von Würzburg und Ansbach bestimmt: Die drei Männer waren Asylsuchende, die im Verdacht stehen, "im Auftrag des IS" gekommen zu sein, wie de Maizière sagt. Ausgestattet mit falschen Pässen und vierstelligen Dollar-Beträgen, seien sie über die Balkanroute eingereist und hätten sich "für Anweisungen des IS in Deutschland bereitgehalten" – das Trio bildete eine Schläferzelle. Zudem hatten die drei Verbindungen zu den Attentätern von Paris: Sie seien mit denselben Schleppern gekommen wie jene Männer, die im November 2015 die Anschläge auf das Bataclan und das Stade de France verübten; auch ihre Reisedokumente stammen aus der gleichen Werkstatt.

Die Festnahmen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem das Land mit den Vorbereitungen zum Oktoberfest und die Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit in Dresden beschäftigt ist – beide Großveranstaltungen wurden schon zuvor von der steten Terrorgefahr überschattet. Gut möglich, dass die Behörden aus diesem Grund nun den Entschluss zur Festnahme getroffen haben: Zwar habe man "keine Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen" gehabt, aber nach monatelanger Observation sei jetzt der richtige Moment für die Inhaftierung gewesen, wie der Innenminister betont.

Ohnehin bemüht sich de Maizière, für Beruhigung zu sorgen. "Zu keinem Zeitpunkt ging von diesen drei Personen eine Gefahr aus", sagt er; man habe die Situation immer im Griff gehabt. Dennoch halte "die Gefahrenlage an", wie auch die Biografien der drei Festgenommenen nahelegen: Einer der drei soll sich im September 2015 im syrischen Rakka den Islamisten angeschlossen haben, dort auch eine Unterweisung im Umgang mit Waffen und Sprengstoff bekommen haben; gemeinsam mit den zwei anderen soll er sich einem hochrangigen IS-Funktionär gegenüber verpflichtet haben, zusammen nach Europa zu reisen – und dort auf Befehle zu warten.

"Danke, Merkel"

Die politische Debatte über das Thema Asyl, die seit den Wahlerfolgen der AfD wieder an Fahrt aufgenommen hat, berührt das natürlich auch. "Es ist falsch, Flüchtlinge generell unter Verdacht zu stellen", sagt de Maizière deshalb vorsorglich. Natürlich gebe es immer wieder Hinweise, dass unter den Asylsuchenden "Terroristen oder Sympathisanten" seien, insgesamt habe man bei 415 Hinweisen aber nur 63 Ermittlungsverfahren eingeleitet, und das sei bei der Zahl der Eingereisten durchaus überschaubar. Für die AfD ist dies dennoch Wasser auf die Mühlen. AfD-Politikerin Beatrix von Storch twitterte am Dienstag ein sarkastisches "Danke, Merkel" – die Festnahmen wird sie damit nicht gemeint haben.

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