Rechts, rechter, AfD? Partei zersplittert an Antisemitismus-Streit

Zwischen den AfD-Chefs klafft eine große Lücke: Frauke Petry Jörg Meuthen.
Offener Bruch. Weil ein Mandatar antisemitisch agiert, spalten sich Parteiteile in Baden-Württemberg ab – Parteichefin Petry steht in Berlin ein Machtkampf bevor.

Der eigentliche Auslöser des Streits war am Mittwoch nur mehr eine Randfigur. Dass Wolfgang Gedeon, Mediziner, Autor und einer von 23 AfD-Mandataren im Landtag Baden-Württembergs, geschrieben hatte, dass es eine "freimaurerisch-zionistische Weltverschwörung" gebe, dass "Juden der innere Feind des christlichen Abendlands" seien, war da beinahe vergessen – die große Bühne gehörte zwei anderen: Jörg Meuthen und Frauke Petry.

Stundenlang und unter gewaltigem Medienrummel berieten die Bundesparteichefs der AfD hinter verschlossenen Türen darüber, wie mit Gedeon zu verfahren sei. Herauskam dabei aber lediglich ein offener Bruch: Meuthen, der die Partei seit einem Jahr mit Petry führt und zeitgleich auch Fraktionschef in Stuttgart ist, wollte Gedeon eigentlich aus der Fraktion werfen. Weil einige seiner Abgeordneten sich querstellten, sich dazu auch noch seine Ko-Chefin Petry vermittelnd in die Sache einmischte, zog er die Reißleine: Am Mittwoch gründete Meuthen eine neue Landtagsfraktion – gegen den Willen Petrys. Künftig sitzt in Stuttgart die "Alternative für Baden-Württemberg" neben der "Alternative für Deutschland".

Kein inhaltlicher Streit

Dass sich manch hämischer Beobachter da an Monty Pythons "Volksfront von Judäa" erinnert fühlt, ist wenig verwunderlich. Denn um die Sache – Gedeons Äußerungen – ging es in dem Streit ohnehin nie. Petry und Meuthen sind schon lange in einen Machtkampf verwickelt; und je näher die Bundestagswahl 2017 rückt, desto härter wird es für Petry. Die Sächsin hat im Bundesvorstand kaum mehr Unterstützer, man wirft ihr vor, "eigenmächtig" und "charakterlos" zu agieren – womit auch die Kontakte zu FPÖ-Chef Strache und FN-Chefin Le Pen gemeint sind.

Die inhaltliche Ausrichtung ist dabei aber völlig nebensächlich – das zeigt sich auch am Fall Gedeon. Meuthen, der im Gegensatz zu Petry zum wirtschaftsliberalen Flügel der Partei zählt und lange das "moderate" Gesicht der Partei war, hat selbst kaum Berührungsängste: Er zögerte lange, Gedeon aus der Fraktion zu drängen; zu groß war die Furcht davor, potenzielle Wähler zu verprellen. Und im Machtkampf mit Petry scheut er auch nicht den Kontakt mit dem Rechtsaußen-Lager um Björn Höcke und Alexander Gauland, die beide gegen die Parteichefin opponieren – Letzterer strafte sie für ihre "massive Einmischung in den Landesverband" ab; sie meinte trotzig, dass es trotz Abspaltung nur eine "wahre AfD" gebe.

Ob sich die Partei damit einen Gefallen tut, muss sich erst weisen. Vorerst merkt man von einem Negativ-Effekt wenig: In Mecklenburg-Vorpommern, wo im September die nächste Wahl ansteht, liegt sie bei 19 Prozent.

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