"Mehr Polizei, mehr Militär" – die SPD schielt nach rechts

Die SPD spielt mit Ideen, die wenig nach Sozialdemokratie klingen
Die SPD will Angst in der Bevölkerung mit Exekutiv-Offensive bekämpfen – und so die AfD schwächen.

Es sei Zeit für ein "grundsätzliches Umdenken", steht in dem Papier, ebenso wie der Wunsch nach einem "starken Staat". Der Forderungskatalog, den der konservative Flügel der SPD nun vorgelegt hat, klingt nur wenig nach sozialdemokratischen Losungen. 20.000 zusätzliche Polizisten, 23.000 Soldaten mehr und Tausende Stellen bei Zoll und Bundeskriminalamt hat der "Seeheimer Kreis" auf seiner Wunschliste; als Grund dafür wird das "wachsende Gefühl der Unsicherheit" durch Terror und Flüchtlinge benannt.

Das Papier selbst ist aber auch Ausdruck wachsender Unsicherheit innerhalb der SPD. Die Partei kann neben Kanzlerin Merkel nur wenig eigenes Profil in der Flüchtlingspolitik zeigen, zudem steigen die Popularitätswerte der AfD weiter und weiter. Dem wollen die "Seeheimer" nun etwas entgegensetzen – dass das gelingt, ist gut denkbar: Sie sind ein einflussreicher Faktor in der Partei, knapp ein Drittel der SPD-Bundestagsfraktion gehört ihnen an – darunter auch Außenminister Steinmeier und Parteichef Gabriel selbst. Dass das Papier ohne Sanktus der Parteiführung an die Medien gelangt ist, ist also mehr als unwahrscheinlich.

Bei der Polizeigewerkschaft und beim Koalitionspartner CDU/CSU stößt der Vorstoß jedenfalls auf offene Ohren – schließlich weist er auf einen Mangel hin, den beide schon länger beklagen. Seit den 1990ern wurden bundesweit 16.000 Polizisten eingespart, und bei den 300.000 Exekutivkräften, die derzeit im Dienst stehen, haben sich durch die Flüchtlingskrise zig Überstunden angesammelt.

"Rattenfänger"

Innerhalb der SPD dürfte die Idee aber nicht jedem gefallen. Der linke Flügel, das Gegengewicht der "Seeheimer" im Bundestag, hat schon oft gegen die Ausflüge der SPD-Spitze nach rechts protestiert – zuletzt bei der Vorratsdatenspeicherung. Nun hat die Parteiführung aber ein neues Gegenargument auf ihrer Seite – die erstarkende AfD, die auch der SPD potenzielle Wähler abgräbt. "Wenn es uns nicht gelingt, den Staat wieder zu einem wirklich starken Staat zu machen, werden die Populisten von der AfD und andere radikale Gruppen weiteren Zulauf erhalten", heißt es explizit in dem Positionspapier; Johannes Kahrs, ein Sprecher der Gruppe, sprach gegenüber der Süddeutschen sogar von den "Rattenfängern" der AfD. Sigmar Gabriel schloss sich dieser Argumentation am Dienstag an, wenn auch nur zaghaft. In einem Brief an die SPD-Basis betonte er, dass die Flüchtlingszahlen sinken müssten, weil spürbar sei, "wie der politische Druck steigt und wie Rechtspopulisten mit den Ängsten spielen". Von einem "Umdenken" schrieb er aber – noch – nicht.

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