Deutschland legt sich mit Erdogan an: "Türkei ist Plattform für Islamisten"

Geheimbericht sieht Erdogan als Terror-Förderer – aus Ankara gelenkter Islamunterricht wird auf Eis gelegt.

Öffentliche Kritik von der deutschen Regierung hörte man in Sachen Türkei zuletzt eigentlich nie. Natürlich sei man besorgt, hieß es von Kanzlerin Merkel stets in Richtung des zunehmend autoritär agierenden Staatspräsidenten – echte Maßregelungen Erdogans kamen aus Berlin jedoch nie.

Hinter den Kulissen ist die Wortwahl aber eine andere, wie ein vertraulicher Bericht des Bundesnachrichtendienstes nun zeigt. Die Einschätzung, die die Linkspartei durch eine parlamentarische Anfrage ans Innenministerium erwirkt hat und die von der ARD nun veröffentlicht wurde, rückt den türkischen Präsidenten nämlich ziemlich eindeutig in die Nähe von Terrororganisationen: Die Türkei sei zur "zentralen Aktionsplattform" für Islamisten geworden, heißt es da; es gebe eine Affinität zwischen Erdogan und der Muslimbruderschaft und der Hamas, so der Bericht.

Nicht abgesprochen

Dass die Türkei islamistische Gruppen unterstützt, schwirrt als Vorwurf schon länger umher – nur so deutlich ausgesprochen wurde das bisher nie. Das brisante Papier bringt deshalb auch die Regierung in Berlin in Bedrängnis. Die Herausgabe dürfte nicht mit Kanzleramt und Auswärtigem Amt akkordiert gewesen sein.

Dazu kommt ein anderes Vorhaben, das in Ankara auf ebenso wenig Gegenliebe stoßen wird. Einige Bundesländer planen, die Kooperationen mit dem Islamverband DITIB, über den der islamische Religionsunterricht läuft, zu kappen – damit soll Erdogans "Sprachrohr" in deutschen Schulen verstummen. Problematisch sei, dass der Verband der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstehe und aus Ankara finanziert werde, so das Argument. "Wir wollen nicht, dass Herr Erdogan bei uns den Schulunterricht mitbestimmt", so die CDU-Vize Julia Klöckner – man fürchtet politische Propaganda im Klassenzimmer. Diese Vorwürfe weist DITIB konsequent zurück, weiterer diplomatischen Dissens mit Ankara ist vorprogrammiert.

Unter Zugzwang bringt das vor allem Angela Merkel, die wegen ihres moderaten Kurses wegen des Flüchtlingsdeals ohnehin unter schwindender Popularität leidet. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht etwa forderte umgehend, die "Kumpanei mit dem Terrorpaten Erdogan" zu beenden. Von Merkel selbst kam dazu bisher keine Stellungnahme – heute, Mittwoch, wird sie den Fragen aber kaum entgehen können: Dann steht die erste Kabinettssitzung nach ihrem Urlaub an.

Auf "zweifelhafte Art" sei sie am Montag bekannt geworden, schreibt die Bild über Wilma Elles, und im Netz ergießt sich Häme über die Schauspielerin: Seit sich die 29-Jährige in der ARD-Sendung "Hart aber fair" höchst offensiv als Erdogan-Fan outete, etwa meinte, die Verhaftungswelle nach dem Putschversuch sei "nicht schlimm" gewesen, ist die Kölnerin auch in ihrem Geburtsland bekannt – nicht nur in der Türkei, wo sie seit sechs Jahren als Soap-Darstellerin höchst populär ist.

"Niemand arbeitet mehr als Erdogan", sagte Elles, die mit einem Türken verheiratet ist und auch den türkischen Pass besitzt; die Staatsbürgerschafts-Urkunde hat Präsident Erdogan eigenhändig unterschrieben. Die Welt mutmaßte, Elles scheine direkt aus der PR-Abteilung Erdogans zu kommen. Das ist zwar etwas überspitzt, mit ihm verbindet sie aber einiges: Kürzlich war sie zum Fastenbrechen bei ihm eingeladen – ihre zwei Kinder saßen dabei auf seinem Schoß.

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