Friedensangebot
Der Mann, der am Mittwoch vor die Presse trat, wollte all diese Eindrücke schnell vom Tisch wischen. "Deutschland bekommt eine handlungsstarke Regierung", sagte Merz; in gewisser Weise wirkte das wie eine Selbstbestärkung; dann folgte ein Signal an alle, die von ihm lieber Gespräche mit der AfD gesehen hätten: "Die politische Mitte ist in der Lage, die Probleme zu lösen, vor denen wir stehen."
Was Merz danach im Stakkato-Stil vorlegte, wirkte zumindest auf den ersten Blick wie ein Friedensangebot an die eigene Partei. Körperschaftssteuersenkung, Stromsteuer- und Netzentgelt-Reduktion, Aus für die Gaspreisumlage, steuerfreie Überstunden; profitieren sollen davon Mittelstand und Industrie. Dazu kommt das Aus für das Lieferkettengesetz und statt des umkämpften Bürgergeldes eine neue Grundsicherung, eine sehr alte Unions-Forderung; und in puncto Migration werden die versprochenen Zurückweisungen an den Grenzen ebenso kommen wie das Aus für den Familiennachzug.
Zugeständnisse an SPD und CSU
Wie viel Union das Paket tatsächlich enthält, muss man sich im Detail ansehen. Dass etwa der Wehrdienst wieder eingeführt wird, aber auf Basis der Freiwilligkeit nach dem schwedischen Modell, ist ein eindeutiger Kompromiss; dass Streitthemen wie Steuererhöhungen für Reiche nicht zur Sprache kamen, wohl ein Sieg für die Union. SPD-Chef Lars Klingbeil und seine Kollegin Saskia Esken blieben in ihren Reden auch sehr vage – dass die Cannabislegalisierung, eine Ampel-Errungenschaft, nicht abgeschafft, sondern nur evaluiert wird, erwähnten die beiden nicht extra.
CSU-Chef Markus Söder, das größte Alphatier des Dreiergespanns, machte das anders. Als er sagte, dass die Mütterrente bleibt – eine klassische CSU-Forderung – kam sogar spontan Applaus auf. Und bei der Bemerkung, dass die Bayern nun per Staatssekretär in der Außenpolitik mitreden würden ("die CSU ist immer sehr bescheiden"), musste sogar Merz lachen.
Stichtag 7. Mai
Der künftige Kanzler selbst gab sich versöhnlich, und das ist durchaus ungewöhnlich für ihn. Er versprach, dass "wir das Land wieder zusammenführen werden"; und: "Wir wollen ein Land sein, dass es besser macht." Doch ob er damit seine Partei überzeugen kann, ist noch lange nicht gesagt. Das hängt stark davon ab, wer in welchem Ministerium Platz nehmen wird; dem Vernehmen nach soll die CDU das Außenamt übernehmen, die SPD dafür die Finanzen. Das ist jedenfalls ein Zugeständnis an die Sozialdemokraten, denen die Union ja gern freihändiges Geldausgeben unterstellt.
Will Merz seine Kritiker überzeugen, muss er also schnell machen. Geht alles glatt, könnte er am 7. Mai zum Kanzler gewählt werden, das wäre auch ein wirklich guter Starttag: Am 8. Mai finden in Paris die Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs statt, ein Pflichttermin für einen Kanzler, der was auf der Weltbühne erreichen will.
Bis dahin müssen aber noch ein paar Hürden genommen werden. Die SPD-Mitglieder etwa müssen über den Vertrag abstimmen, das ist seit Jahren Usus. Experten machen sich wenig Sorgen, dass das funktionieren wird; und bei der Union muss man zumindest auf offizieller Ebene nichts befürchten: Dort gibt es zwar einen Parteitag, aber es braucht kein Votum. Der Chef sagt dort, wo es langgeht. Die nächste Zeit zumindest.
Kommentare