Hamstern für den Ernstfall: Kritik an "Panikmache"

Chips stehen nicht auf der Liste: Zwei Liter Wasser solle man pro Tag einlagern, rät die Regierung.
Das neue Konzept für Zivilschutz erntet Spott und Häme – dabei war es längst überfällig.

1989, als das jetzt noch gültige deutsche Zivilschutzkonzept abgesegnet worden ist, nannte man die Maßnahmen noch sperrig "Gesamtverteidigungsrichtlinien". Ein martialischer Begriff, klar, denn die Bedrohung war damals real: Der Kalte Krieg war noch nicht vorüber, und wer keine Lebensmittel gebunkert hatte, galt als unvorsichtig.

Heute ist das freilich anders. Dass die deutsche Regierung jetzt mit ihrem neuen, seit 1995 erstmals aktualisierten Konzept erneut zu derartigen Maßnahmen rät, wird deshalb von allen Seiten kritisch beäugt: "Panikmache" und das "Schüren von Ängsten" wirft die Opposition der Regierung vor; und im Netz amüsiert man sich darüber, dass die Bevölkerung angehalten wird, "einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln für einen Zeitraum von zehn Tagen vorzuhalten" – 20 Liter Wasser werden da empfohlen.

Der Hintergrund des Konzepts, das am Mittwoch präsentiert werden soll und bisher nur in Auszügen bekannt ist, ist aber ein durchaus ernster. Schon seit mehr als einem Jahr arbeiten die zuständigen Stellen daran, es ist – wie auch die Regierung betont – keine Reaktion auf die jüngsten Anschläge. Vielmehr war der Ausbruch des Ukraine-Konflikts vor zwei Jahren der Auslöser: Schon damals warnte Christoph Unger, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dass Deutschland für einen Ernstfall nicht mehr ausreichend gerüstet sei – die Bedrohungsszenarien hätten sich im Vergleich zu 1989 massiv verändert.

Apps statt Sirenen

Jetzt muss man sich auf "hybride Konflikte", Computerviren oder Sabotageakte also, vorbereiten; zudem kann man die Bevölkerung nicht mehr nur über Sirenen warnen, denn die wurden seit den 1990ern sukzessive abgebaut. Informationen sollen zu den Bürgern darum nicht nur via TV und Radio durchdringen, sondern vor allem übers Handy – dafür wurde eine App entwickelt. Zudem sollen Impfstoff- und Antibiotikabestände überprüft, Benzinreserven eingelagert und ein Strom-Notkonzept ausgearbeitet werden, so die bisher kolportierten Pläne.

Was ebenso zur Debatte steht, ist ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Bisher war dies aufgrund der Erfahrungen in der NS-Zeit undenkbar; jetzt wird aber auch an diesem Dogma gerüttelt, ebenso wie die Wiedereinführung der Wehrpflicht wieder als Option auftaucht. Denn in Notlagen darf der Bund nämlich Bürger zur Arbeit zwangsverpflichten – allerdings ist dies an die Wehrpflicht gebunden.

Kommentare