Den Helfern geht langsam die Kraft aus

Schlangen vor dem "LaGeSo"
Polizei warnt vor Kollaps, Ehrenamtliche kritisieren Behörden – schuld ist oft die Bürokratie.

"Es reicht!", sagen die Ehrenamtlichen der Initiative "Moabit hilft". Die Freiwilligen, die seit Monaten die Flüchtlinge vor der heillos überlaufenen Berliner Registrierungsstelle "LaGeSo" versorgen, gingen vor Kurzem auf die Straße – ein verzweifelter Hilferuf an die Behörden: Es wird zu viel, es geht nicht mehr. Man brauche langsam selbst Hilfe.

Den Helfern geht langsam die Kraft aus
Supporters of Moabit Hilft! (Moabit Helps!), an aid group to support migrants in Berlin's Moabit district, hold placards as they protest against the conditions of the registration process for migrants at the Berlin Office of Health and Social Affairs (LAGESO) in Berlin, Germany, October 17, 2015. REUTERS/Fabrizio Bensch
Der Sommer der Hilfsbereitschaft scheint vorüber. Immer öfter ist nun von Hilflosigkeit und Ohnmacht die Rede; und das nicht nur von Mahnern aus Kalkül, wie etwa CSU-ChefHorst Seehofer. Auch viele Helfer, ehrenamtliche wie hauptamtliche, stöhnen – weil es einfach an Ressourcen fehlt. "Dass das System nicht kollabiert, ist dem Einsatz jedes einzelnen geschuldet" , sagt etwa Jörg Radek, Vize-Chef der Polizeigewerkschaft GdP. Man arbeite längst an der Kapazitätsgrenze, die dringend nötige Aufstockung komme aber nicht: "Die Kollegen sehen keine Entlastung."

Zeitraubende Schreibarbeit

Dass die Grenzkontrollen zu Österreich jetzt bis Mitte November verlängert wurden, verschärfe die Personalsituation weiter. Derzeit sind dort vier Mal so viele Beamte im Einsatz wie üblich – Personal, das anderswo fehlt. "Wir können nicht mehr auf große Lagen reagieren", sagt Ernst Walter von der Gewerkschaft DPolG. Für Fußballspiele oder die vielen derzeit stattfindenden Demonstrationen gebe es zu wenige Beamte.

Geschuldet ist die Überforderung aber nicht nur den vielen Flüchtlingen, sondern auch dem Bürokratieaufwand. In Berlin etwa bekrittelt die Polizeigewerkschaft seit Langem, dass es die Schreibarbeit sei, die die Beamten an ihrer Arbeit hindere. Weil gegen jede aufgegriffene Person eine Anzeige wegen illegalen Grenzübertritts geschrieben werden muss, sei in manchen Vierteln stundenlang keine Streife unterwegs – jede Anzeige dauere vier Stunden, obwohl die meisten wieder eingestellt würden.

Das Problem hat man bundesweit – in Berlin hat man das aufwendige System nun aber auf Drängen der Beamten ausgesetzt. "Dadurch hat sich die Lage etwas entspannt", sagt Annika Schulze von der Gewerkschaft zum KURIER. Dennoch sei der Stress nach wie vor hoch. "Es müssen ja noch immer Flüchtlinge verteilt werden. Da hat sich nichts geändert."

Gewaltvideos

Auch "Moabit hilft" bekrittelt das Krisenmanagement der Behörden. Beim "LaGeSo" etwa ist ein privater Sicherheitsdienst im Einsatz, von dem nun Gewaltvideos auftauchten – darin ist zu sehen, wie Wachpersonal grundlos auf Flüchtlinge einschlägt. Gekündigt wurde der Firma bis dato seitens der Verwaltung nicht. Ebenso wenig ging die Stadt auf den Wunsch der Freiwilligen ein, eine 24-Stunden-Registrierung für die Flüchtlinge bereitzustellen, um ihnen das tagelange Warten im Freien zu ersparen. Derzeit hat das Amt nämlich nur tagsüber offen, am Wochenende ist es ganz geschlossen – wegen Personalmangels.

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