Dorothee Bär: Als Frau unter CSU-Alphamännern

Mit 39 an der Spitze: Bär rückt in die erste CSU-Reihe auf.
Dorothee Bär hat es in die Regierung geschafft – sie wird Staatsministerin für Digitales, weil sie aneckt und zugleich konservativ ist.

Wer Dorothee Bär schon einmal erlebt hat, wird aus ihr nicht so recht schlau: Da steht eine junge Frau, lässig gekleidet, die über digitale Probleme spricht wie andere über ihr Hobby, die im Netz gern angriffig wird und in Talkshows Sachen sagt wie: "Ich mach’ jetzt die Blutgrätsche."

Auf den zweiten Blick steht da dieselbe Frau, nur irgendwie anders: Die spricht fränkischen Dialekt, trägt Dirndl, hat drei Kinder und tritt für die Mütterrente ein – die wohl konservativste Polit-Idee seit Jahren.

Wie das zusammengeht?

In der CSU geht das. Und es muss vielleicht sogar sein: Dass in Bärs Brust zwei Herzen schlagen – ein progressives, das auch einmal aneckt, und ein konservatives, das sich lieber in alte Muster fügt –, mag mit ein Grund für ihre Karriere sein: Die 39-Jährige sitzt bald als einzige CSU-Frau in der Regierung.

Früh übt sich

Freilich, dass man das im Jahr 2017 erwähnen muss, ist an sich nicht gerade ruhmreich. Doch der Aufstieg Dorothee Bärs zur Staatsministerin für Digitales ist für die CSU durchaus besonders: In der Partei der Alphamänner Seehofer, Söder und Scheuer gilt in puncto Geschlechter eine andere Zeitrechnung. Gerade acht von 46 Bundestagsmandataren sind Frauen; und weibliche Parteiikonen sucht man ohnehin vergebens.

Das hat Bär offenbar schon früh erkannt. Die gläubige Katholikin erzählt darum gern, wie sie sich im zarten Alter von neun Jahren mit dem örtlichen Pfarrer angelegt hatte – sie sah nicht ein, warum sie als Mädchen nicht ministrieren durfte. Später lehnte sie sich dann gegen den eigenen Vater auf, das aber irgendwie wieder ganz traditionell bayerisch: Er, der CSU-Bürgermeister, wollte ihr den Beitritt zur Jungen Union der CSU verwehren; zu jung sei sie. Sie pfiff darauf: "Das war meine Teenager-Rebellion", sagt sie.

Flugtaxi-Bauchfleck

Freilich, dass ihr neuer Job weniger Einfluss hat als erhofft, mag ein Wermutstropfen für Bär sein – eine Staatsministerin hat anders als eine Bundesministerin weder Haus und noch Stab, Bär sitzt darum im Kanzleramt bei Angela Merkel. Zweifel, dass die eifrige Netzwerkerin – sie steht war kürzlich mit Österreichs Kanzler Sebastian Kurz am Opernball – ihren Job gut machen wird, hat allerdings kaum wer: Anders als bei anderen Fragen, wo Bär schon einmal Häme auf sich zog – etwa, als sie im Fernsehen den menschengemachten Klimawandel anzweifelte –, gilt sie im Digitalbereich als ausgewiesene Kennerin.

Nur: Leicht hat sie es in der Digitalwüste Deutschland nicht. Das Land ist in puncto Internet-Schnelligkeit weit unter dem westeuropäischen Schnitt; in vielen Gegenden gibt es nicht einmal ausreichend Handyempfang. Dazu kommt, dass Bär selbst in der vergangenen Legislatur als Staatssekretärin im Infrastrukturministerium für die Behebung dieser Missstände zuständig war – ein Dilemma, auf das Bär jetzt im heute-journal-Interview ungewohnt ungelenk reagierte: Da erzählte sie lieber von Flugtaxis als Zukunftsvision, statt über deutsche Funklöcher zu reden. Im Netz folgte der Spott auf dem Fuße.

Steine wird sie sich so aber wohl kaum in den Weg gelegt haben. Denn dass die CSU auf Frauen wie sie angewiesen ist, ist der 39-Jährigen durchaus bewusst: CDU und SPD haben die Hälfte der Posten mit Frauen besetzt. Nicht umsonst hat sich Bär im Dezember zur Vize-Parteivorsitzenden wählen lassen – so kann man sie nicht mehr umgehen. Für ihre Konkurrenz hat sie ohnehin eine Botschaft: "Meine neue Aufgabe ist riesig und schwer. Wenn sie leicht wäre, hätte es ja auch ein Mann machen können."

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