Jeder Zweite hat Angst: Merkels Beliebtheit leidet
Noch vor einem Monat war sie hochgelobte "Mama Merkel" und "Wir schaffen das"-Flüchtlingskanzlerin, der Spiegel setzte sie auf seinem Cover sogar mit Mutter Teresa gleich. Jetzt schlägt der Kanzlerin plötzlich ein anderer Wind entgegen: Nicht nur der parteiinterne Rückhalt Angela Merkels bröckelt, auch die Bevölkerung wird zunehmend unzufriedener. 54 Prozent sind es nur mehr, die mit ihrer Arbeit laut dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend zufrieden sind – das sind um neun Prozentpunkte weniger als noch im September. Und es ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2011.
Das Beliebtheitstief geht einher mit einem Stimmungsschwenk in Deutschland – denn die Angst vor dem nicht versiegenden Flüchtlingsstrom nimmt stark zu. 51 Prozent haben Angst vor der Vielzahl an Zuwanderern; das sind 13 Prozentpunkte mehr als vor einem Monat. Besonders besorgt ist man im Osten – in den Regionen, in denen tendenziell am wenigsten Flüchtlinge untergebracht sind.
Seehofer als Profiteur
Der Streit zwischen den beiden ist jedoch nur die Spitze des vielfach dissonanten Umgangs mit der Flüchtlingskrise im ganzen Land – das mag mit ein Grund sein, warum die Bevölkerung zunehmend in Sorge gerät. "Die Deutschen mögen den Konsens", sagt Historiker Étienne François; dass Merkels Kurs infrage gestellt wird, erweckt den Eindruck, dass es kein gültiges Konzept gibt. In der CDU ringt man deshalb um eine gemeinsame Linie – denn immer mehr Abgeordnete schlagen sich auf die Seite der Bayern und fordern mehr Restriktionen. Und Schritte zu setzen, kommt sichtlich gut an: Die jüngst abgesegnete Asylrechts-Verschärfung wird von 80 Prozent der Bevölkerung als gut eingeschätzt.
Merkel scheint dies vorerst wenig zu beeindrucken. Donnerstagabend wiederholte sie ihr "Wir schaffen das"-Mantra. Auch das zuletzt oft zu hörende Gerücht, sie könnte doch statt 2017 zur Wahl anzutreten ins UNO-Generalsekretariat wechseln, kommentiert sie erst gar nicht. Ihr Vorteil: Derzeit ist kein Nachfolger in Sicht – und auch kein ernst zu nehmender Konkurrent aus der SPD.
"Das braucht Zeit und einen langen Atem. Es geht nicht mit der einen Lösung über Nacht", sagte Merkel am Donnerstag. Zumindest bis zur nächsten Wahl gilt das.
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