Deutschland: Milliardenentschädigungen für Kraftwerksbetreiber

Der Anteil von Braunkohle wird immer mehr zurückgehen
Der große Nachbar will spätestens 2038 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz nehmen - dafür fließt sehr viel Geld.

Ein großer Schritt in Richtung Kohleausstieg ist in der Nacht auf Donnerstag in Deutschland gelungen: Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Braunkohle-Länder haben sich auf eine Pfad zur Stilllegung der Kohlekraftwerke verständigt. Deutschland will spätestens 2038 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz nehmen.Im Zuge des Ausstiegspfads soll 2026 und 2029 geprüft werden, ob Kraftwerke drei Jahre schneller als geplant vom Netz gehen könnten. So wäre auch ein Kohleausstieg bis 2035 möglich.

Betreiber bekommen Milliarden

Für das vorzeitige Abschalten ihrer Anlagen fließen Milliarden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, Betreiber westdeutscher Kraftwerke erhielten 2,6 Milliarden Euro, Betreiber von Anlagen im Osten 1,75 Milliarden. Das sorgte für Unmut bei der Opposition. Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, die Entschädigungen seien völlig unangemessen. "Die Konzerne sind die Gewinner des Kohle-Kompromisses auf Kosten der Regionen und Arbeitnehmer.“

Es sei ein großer Fehler, die Energiekonzerne, die jahrelang prächtig verdient, und um Zukunftstechnologien einen Bogen gemacht hätten, nun mit Milliarden zu entschädigen, sagte Bartsch. „Das Geld fehlt bei Jobs und Strukturhilfen. 4,35 Milliarden Euro werden hier von einer Minute auf die andere aus dem Ärmel des Finanzministers geschüttelt, um Konzerne und Aktionäre nicht zu verprellen. Steuergeld ist aber nicht dafür da, um Konzerne bei Laune zu halten.“

Der FDP-Energiepolitiker Lukas Köhler sagte: „Die planwirtschaftlichen Abschaltpläne sind nichts als sinnlose Milliardengeschenke für die Kraftwerksbetreiber auf Kosten der Steuerzahler. Denn durch den CO2-Preis im Emissionshandel ist der Kohleausstieg ohnehin längst in vollem Gange.“ Mit ihrem sturen Festhalten an den unverbindlichen Vorschlägen der Kohlekommission verbrenne die große Koalition daher viel Geld für wenig Klimaschutz.

Der Bund muss nun den Abschaltpfad mit den Betreibern der Braunkohle-Kraftwerke und -Tagebaue in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg vertraglich festlegen. Noch im Jänner soll das Gesetz für den Kohleausstieg auf den Weg gebracht und Mitte des Jahres verabschiedet werden.

"Hambi" bleibt

Vereinbart wurde, dass der Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen - der ein Symbol für den Kampf von Klimaschützern gegen den Kohlestrom ist - nicht gerodet und der Braunkohle-Tagebau dort nicht erweitert wird. Der Tagebau Garzweiler - wo im Sommer 2019 tausende Menschen protestierten - werde hingegen für den Kohleabbau genutzt.

Noch einmal klar gestellt wurde in dem Papier, dass die Länder Hilfen für den Strukturwandel in Höhe von 40 Milliarden Euro bis 2030 erhalten. Für Beschäftigte in Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken sowie in Tagebauen sagte die Bundesregierung ein Anpassungsgeld zu, das bis 2043 gezahlt wird.

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