Sechs tote AfD-Politiker: Statistischer Zufall – oder die große Verschwörung?

„Vier AfD-Kandidaten gestorben.“
Alice Weidels Tweet sagt wenig - und zeitgleich doch viel. Vier Parteikollegen, allesamt binnen Kurzem verstorben, das ist doch irgendwie ungewöhnlich: „Statistisch fast unmöglich“ sei es, dass mitten im Kommunalwahlkampf gleich mehrere Kandidaten einer Partei sterben, schreibt auch der AfD-nahe Ökonom Stefan Homburg. Weidels Vize Stephan Brandner will von so etwas "in seinem Leben noch nie gehört haben", und Milliardär Elon Musk assistiert dabei: Er schreibt unter die Tweets zwei vielsagende Rufzeichen.
Mitten im Wahlkampf
In knapp zwei Wochen wird in Nordrhein-Westfalen gewählt, und Deutschlands bevölkerungsstärkstes Bundesland wird dabei wohl einige blaue Rathäuser bekommen: Der AfD wird ein ordentlicher Zuwachs bei den Gemeinderatswahlen vorausgesagt. Inhaltlich beschäftigt sich die Partei aber weniger mit kommunalen Themen wie leeren Stadtkassen oder überquellenden Kindergärten, sondern mit sich selbst: Binnen Kurzem sind sechs Kandidaten aus den eigenen Reihen sind verstorben - seit Weidels kryptischem Tweet wurden noch zwei Todesfälle publik.
Ist dies das Produkt einer große Verschwörung, wie die AfD raunt? Die Polizei glaubt nicht daran. Verstorben seien alle sechs Kandidaten an natürlichen Ursachen, heißt es vom NRW-Innenministerium und den Angehörigen. Ralph Lange, AfD-Kandidat in Blomberg und 66 Jahre alt, sei stark vorerkrankt gewesen, ebenso wie Wolfgang Klinger (71) aus Schwerte und Wolfgang Seitz (59) in Rheinberg. Bei Stefan Berendes (59) aus Bad Lippspringe, der plötzlich verstarb, schließt die Polizei Fremdverschulden aus; die Todesursache veröffentliche man auf Wunsch der Familie nicht. Auch René Herfort aus Hückeswagen, erst 53, soll laut Politico schwer an Leber und Niere erkrankt gewesen sein; Patrick Tietze hingegen soll Suizid begangen haben
Von der Landeswahlleitung hieß es dazu, dass es im Laufe des Wahlkampfs mindestens zehn Todesfälle bei Kandidaten gegeben hat. „Solche Todesfälle von Bewerberinnen und Bewerbern bei den Kommunalwahlen ereignen sich – unabhängig von Partei- oder Wählergruppenzugehörigkeit – bedauerlicherweise bei allen Wahlen, und daher auch bei den anstehenden Kommunalwahlen. Aktuell betrifft das neben der AfD u. a. auch die Tierschutzpartei, die FDP und die Freien Wähler“, so ein Sprecher gegenüber Bild.
„Kontrolle ist besser"
Für die AfD ist das dennoch kein Grund, die Sache ruhen zu lassen. Alice Weidel hat das Thema auch auf die Agenda der Bundesvorstandssitzung setzen lassen; und auf Social Media lassen viele Parteigänger ihren Mutmaßungen freien Lauf: „Viele rot-grüne Kommentatoren haben kein Problem mit dem Tod von AfD-Kandidaten, Elon. „Klammheimliche Freude” und „AfD beseitigen” sind in diesem Land sprichwörtlich“, schrieb etwa Stefan Homburg an Elon Musk. Die Halbrussin und AfD-nahe Aktivistin Alina Lipp schrieb: „Werden politische Gegner ermordet?“
Politische Beobachter sehen in dem Ganzen weniger ein Komplott, wie insinuiert wird, sondern eine willkommene Ablenkung von internen Problemen. Die Landespartei hat seit Langem mit internen Querelen zu tun, zuletzt zerstritt man sich über einen Mitarbeiter, der auf Seiten der Ukraine gekämpft hatte. Für die putinfreundliche AfD ein absolutes No-Go.
In Sachen Todesfälle setzt die Partei daher medienwirksam Schritte, wie AfD-Landesvizechef Kay Gottschalk gegenüber Politico angekündigt hat. Man wolle - freilich „ohne gleich in ein verschwörungstheoretisches Fahrwasser zu kommen“ – die Fälle prüfen. „Ich sage immer, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“
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