Abschreckung für EU-Ausländer: Hartz IV erst nach 5 Jahren

Künftig bekommt nur mehr Hartz IV, wer schon in Deutschland gearbeitet hat
Deutschland will Zugang zu Sozialleistungen erschweren – das trifft vor allem Armutsmigranten aus Bulgarien und Rumänien.

Der Arbeiterstrich im Berliner Bezirk Wedding ist gut frequentiert. Dutzende Männer stehen vor einem Café an der Straße, sie warten auf potenzielle Auftraggeber – der Treffpunkt ist bekannt, bei den Tagelöhnern ebenso wie bei denen, die die Männer schwarz beschäftigen.

Die Arbeitswilligen, die dort stehen, sind keine Flüchtlinge – sie sind EU-Bürger, die in der Hoffnung auf Geld und Arbeit nach Deutschland kamen. Weil aber beides oft nicht vorhanden ist, beziehen sie meist Sozialleistungen. Wer sechs Monate in Deutschland lebt, hat laut geltender Rechtslage Anspruch auf Sozialhilfe.

Langes Warten

Dieser "Fehlanreiz", wie Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihn nennt, soll nun bald der Vergangenheit angehören. Laut einem neuen Gesetz sollen EU-Ausländer künftig nur mehr Zugang zu Hartz IV oder Sozialhilfe haben, wenn sie legal arbeiten oder bereits Ansprüche aus der Sozialversicherung erworben haben. Wer noch nie in Deutschland gearbeitet hat, muss künftig lange warten, bis er Geld vom Staat erhält – und zwar fünf Jahre.

Grund dafür ist die Angst davor, dass die Zuwanderung von Armutsmigranten Löcher in die staatlichen Kassen reißt. Die Gemeinden, die für die Auszahlung zuständig sind, registrieren nämlich seit dem vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg an Hartz-IV-Empfängern aus dem EU-Ausland; 2015 stieg deren Zahl um 17 Prozent. Besonders auffällig waren dabei zwei Herkunftsländer: Von den knapp 440.000 EU-Ausländern, die derzeit staatliche Unterstützung erhalten, stammen laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 126.000 aus Bulgarien und Rumänien – Tendenz steigend.

Organisierter Betrug

Einen anderen dunklen Fleck im System hat man mit der Neuregelung aber nicht getilgt. Zuletzt stieg auch die Zahl der "Hartz-IV-Aufstocker" aus dem EU-Ausland stark an – das sind Menschen, die zwar einen Job haben, der aber nicht zum Leben reicht; sie haben auch in Zukunft Anspruch auf Leistungen. Dabei steht aber oft ein Betrugsmodell mit Arbeitssklaven im Hintergrund, wie das ARD-Magazin Report aus Mainz nun gezeigt hat. Immer öfter werden Menschen aus Bulgarien und Rumänien unter dem Vorwand eines 40-Stunden-Jobs nach Deutschland gelockt; sie werden trotz Vollzeit-Tätigkeit aber nur auf Mini-Job-Basis für 450 Euro beschäftigt – und umgehend von ihren "Vermittlern" zum Sozialamt geschickt.

Für all jene, die künftig ganz aus dem System fallen, will man aber zumindest Überbrückungsleistungen einführen. Vier Wochen lang sollen alle Kosten der Grundsicherung abgedeckt werden. Zudem bietet man Darlehen für die Rückreise an.

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