Fall Amri: De Maiziere widerspricht NRW

Anis Amri in einem Propagandavideo
Der Berlin-Attentäter Anis Amri hätte in Abschiebehaft genommen werden können, sagte der deutsche Innenminister. Er widerspricht damit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.

Im Streit um die politische Verantwortung im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri hat der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere der Regierung Nordrhein-Westfalens widersprochen. Aus seiner Sicht lagen genügend Anhaltspunkte vor, um den Tunesier in Abschiebehaft zu nehmen, sagte de Maiziere dem "Spiegel" vom Samstag.

"Im Oktober 2016 hat Tunesien einem Verbindungsbeamten des BKA mitgeteilt, dass Amri ihr Staatsbürger ist", sagte de Maizère. "Spätestens da hätte auf Basis des geltenden Rechts ein Antrag auf Abschiebehaft gute Erfolgsaussichten gehabt." Ein solcher Antrag wäre Aufgabe des "für den Vollzug des Ausländerrechts zuständigen Lands" gewesen, fügte der CDU-Politiker hinzu. Im Fall Amri war dies Nordrhein-Westfalen.

Mit seinem Vorwurf widerspricht de Maiziere dem nordrhein-westfälischen Landesinnenminister Ralf Jäger. Der sozialdemokratische Politiker hatte gesagt, die Behörden seien beim Umgang mit dem abgelehnten Asylbewerber Amri "an die Grenze des Rechtsstaats" gegangen.

De Maiziere forderte als Konsequenz aus dem Anschlag zudem verbindliche Regeln zur Überwachung sogenannter Gefährder. "Es kann nicht sein, dass das eine Bundesland einen bestimmten Gefährder rund um die Uhr observiert und ein anderes bei derselben oder einer vergleichbar gefährlichen Person nur das Telefon überwacht", sagte der deutsche Innenminister dem "Spiegel". Es dürfe "keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit geben".

Der Tunesier Amri war von Behörden in Nordrhein-Westfalen bereits im Februar 2016 als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Vor dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche konnte er allerdings untertauchen. Bei dem Anschlag mit einem Lastwagen waren am 19. Dezember zwölf Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Amri, der den Lkw den Ermittlern zufolge steuerte, wurde nach mehrtägiger Flucht in einem Vorort von Mailand von der Polizei erschossen.

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