Deutsche SPD trifft Vorkehrungen für mögliche Neuwahlen

SPD-Chef Nahles mit Finanzminister Scholz (li.) und Generalsekretär Klingbeil (re.)
Laut "Spiegel"-Informationen fassen SPD-Strategen Anfang September als frühesten Zeitpunkt für eine Neuwahl ins Auge.

Die deutschen Sozialdemokraten treffen nach Spiegel-Informationen angesichts des Konflikts zwischen CDU und CSU bereits erste Vorbereitungen für eine mögliche Neuwahl. Wie das Magazin in seiner neuen Ausgabe berichtet, fanden im Willy-Brandt-Haus in den vergangenen Tagen bereits drei interne Wahlkampf-Vorbesprechungen unter Leitung von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil statt.

In den Runden, an denen dem Bericht zufolge unter anderen Bundesgeschäftsführer Thorben Albrecht und die Abteilungsleiter der Parteizentrale teilnahmen, wurde etwa über die Frage gesprochen, welcher Wahltermin infrage käme und welche Fristen sich daraus ergeben würden, um Kandidatenlisten aufzustellen oder ein Wahlprogramm zu erarbeiten. Als frühesten Zeitpunkt für eine Neuwahl fassten die SPD-Strategen dabei Anfang September ins Auge, wie der Spiegel berichtete.

Der deutsche Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer liegt derzeit im erbitterten Streit mit der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Seehofer will bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen und droht damit, dies auch im nationalen Alleingang durchzusetzen. Merkel lehnt das Vorhaben ab und will bis Monatsende europäische Lösungen aushandeln.

Klingbeil erteilte angesichts des Konflikts außerdem bereits den Auftrag, vorsorglich nach geeigneten Hallen für einen Sonderparteitag Ausschau zu halten, berichtete der Spiegel weiter.

Nach Aus für Jamaika kalt erwischt

Hintergrund der Planungen ist, dass die SPD Ende 2017 vom Platzen der Gespräche über eine Jamaika-Koalition kalt erwischt wurde und auf eine mögliche Neuwahl nicht ansatzweise vorbereitet war. Auch der reguläre Bundestagswahlkampf war nach allgemeiner Einschätzung mangelhaft geplant. Diesmal wollen die Genossen besser für den Fall der Fälle gewappnet sein.

Die SPD war bei der Bundestagswahl im September 2017 mit 20,5 Prozent auf ein historisches Tief gefallen. Umfragen vom Juni sehen die Sozialdemokraten derzeit zwischen 16 und 21 Prozent.

Nahles übt scharfe Kritik am Unionsstreit: "Mätzchen"

Auf die Möglichkeit eines Scheiterns der deutschen Regierung angesprochen sagte SPD-Chefin Andrea , sie habe keinen Anlass über Neuwahlen zu sprechen. Die Bemühungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um eine europäische Einigung in der Flüchtlingspolitik seien "ernst zu nehmen" und "die europäischen Partner signalisierten, dass sie bereit sind, nach Wegen zu suchen". Sollte es aber Neuwahlen geben, sei die SPD "dafür gut gerüstet". Jetzt gehe es aber "erst einmal darum, dass wieder Vernunft einzieht".

Lange hat sich die Nahles aber mit scharfen Worten an CDU und CSU appelliert, ihren Streit in der Asylpolitik beizulegen. "Ich bin sehr verärgert über die Art und Weise, wie hier mit Deutschland gespielt wird, weil man offensichtlich Panik hat, dass man in Bayern die absolute Mehrheit verliert," sagte Nahles am Donnerstagabend in der ARD mit Blick auf die CSU und die Landtagswahl in Bayern.

Deutsche SPD trifft Vorkehrungen für mögliche Neuwahlen

Sie sei "nicht bereit, diese Mätzchen noch weiter mitzumachen" und fordere die Union auf, "jetzt endlich zur Sache zurückzufinden" und "die Regierungsarbeit mit uns gemeinsam wieder aufzunehmen". Es gehe in dem Streit "gar nicht mehr um die Flüchtlingspolitik", sagte Nahles. Da seien "pragmatische Lösungen" möglich, auch mit der SPD, die "völlig geschlossen" sei.

Im Unionsstreit gehe es aber "um Machtkämpfe, hier geht es um Rivalitäten, um innerparteilichen Geländegewinn", sagte Nahles. Ganz Deutschland und fast ganz Europa werde "in Geiselhaft genommen für diese Spielchen", sagte die SPD-Chefin.

Außenpolitik nicht Sache Bayerns

Mit Blick auf den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) sagte Nahles: "Ein Söder muss sich da auch mal klarmachen, dass die Verfassung in unserem Land so aussieht, dass nicht er die Außenpolitik als Ministerpräsident des Freistaats Bayern macht, sondern dass das immer noch eine Bundesangelegenheit ist." Projekte und guter Wille der Sozialdemokraten für eine weitere Zusammenarbeit der Großen Koalition über die ersten hundert Tage hinaus seien da, betonte sie. "Und ich hoffe bei allen anderen auch." Bei der CSU müsse man allerdings "schon taub und blind sein", wenn man dies nicht mindestens in Zweifel ziehen würde.

Der Flüchtlingsstreit in der Union hält Deutschland schon seit eineinhalb Wochen in Atem. CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer will Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen, die bereits in einem anderen EU-Land als Asylsuchende registriert wurden. Merkel lehnt nationale Alleingänge in dem Punkt ab. Sie soll nun im Zuge eines Kompromisses bis Monatsende mit anderen europäischen Staaten über Lösungen verhandeln.

 

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