"Offene Rechnungen" - Salvini wettert gegen Frankreich

Italiens Premier Conte (Mitte) gibt den Staatsmann, Salvini und Di Maio poltern
Die Regierungskoalition in Rom schießt sich auf den „Ausnützer Afrikas“, Präsident Emmanuel Macron, ein.

Aus den „Cousins jenseits der Alpen“, wie Franzosen in Italien liebevoll genannt werden, versuchen die beiden Vize-Premiers „Feinde“ zu machen. Seit Wochen scheinen sich Lega-Innenminister Matteo Salvini und Fünf Sterne-Arbeitsminister Luigi Di Maio gegen die „Grande Nation“ und vor allem Präsident Emmanuel Macron verschworen zu haben.

Jüngstes Beispiel lieferte das Flüchtlingsdrama, das sich am Wochenende vor der libyschen Küste abspielte. 160 Menschen waren auf der Mittelmeer-Überfahrt in Seenot geraten. Nach langem Warten und Drängen des italienischen Regierungschefs Giuseppe Conte wurden sie doch noch von der libyschen Küstenwache gerettet. Während Innenminister Matteo Salvini weiter hart bleibt und keine NGO-Schiffe mehr nach Italien lässt, hat sein Koalitionspartner einen neuen Sündenbock in der Flüchtlingsfrage gefunden: Frankreichs Präsident Macron, als „Ausnützer Afrikas“.

Kolonialherren

Vize-Premier Luigi di Maio setzte zum Angriff an: „Heute werden so viele Afrikaner in die Migration getrieben, weil (...) vor allem Frankreich nie aufgehört hat, Dutzende afrikanische Länder zu kolonisieren.“ Er rief die EU zur Verhängung von Sanktionen gegen Frankreich und andere Länder auf, die Afrika „verarmen“. Kritiker erinnern Di Maio daran, im Geschichtsunterricht „nicht aufgepasst zu haben“. Denn Italien hatte selbst Kolonien in Afrika – von Libyen bis Italienisch-Ostafrika (Eritrea, Italienisch-Somaliland, Äthiopien).

Salvini liefert bei der Frankreich-Kritik Rückendeckung. Und wählt dabei die Terrorismus-Front: „ Mit Frankreich habe ich ein paar offene Rechnungen, weil dort seit zu vielen Jahren Terroristen, Mörder und Kriminelle, die aus Italien geflohen sind, untergetaucht sind.“ Macrons absolute Loyalität gegenüber Brüssel ist für Salvini seit Langem ein rotes Tuch.

Applaus für Gelbwesten

Erst vor wenigen Wochen gab es von der Regierung aus Lega und Fünf Sternen Applaus für die Gelbwesten-Bewegung, die Frankreichs Präsidenten seit vergangenem Dezember massiv zusetzt. „Gelbwesten – bleibt standhaft!“, ermunterte Vize-Regierungschef Di Maio auf dem Blog seiner populistischen Fünf-Sterne-Bewegung die französischen Demonstranten. Salvini ging einen Schritt weiter und erklärte, er unterstütze „ehrliche, ehrenhafte Bürger“ im Protest gegen einen Präsidenten, der „gegen sein Volk“ handle.

Aufgrund der zahlreichen Attacken ist im öffentlich-rechtlichen italienischen TV-Sender RAI bereits von einer „antifranzösichen Salvini-Di Maio-Achse“ die Rede. Mit der Unterstützung der Gelbwesten befindet sich Di Maio bereits im Wahlkampffieber für die Europawahlen im Mai. „Wir führen Gespräche mit dem Flügel der ,Gelbwesten’, der für ein nicht-gewalttätiges politisches Engagement steht“, sagte Fünf-Sterne-Mann Di Maio. „Wir wollen zusammen Europas Vorreiter sein. Dabei setzen wir auf gemeinsame Schwerpunkte.“

„Manifest für Europa“

Laut der Tageszeitung "Il Fatto Quotidano" gibt es auch konkrete Pläne von Di Maios Bewegung, sich mit populistischen Parteien aus Polen, Kroatien und Finnland zu verbünden. Im Februar soll in Rom ein gemeinsames „Manifest für Europa“ mit Fokus auf direkte Demokratie vorgestellt werden. Auch wenn Lega und Fünf Sterne bei der nächsten EU-Wahl gegeneinander antreten, rüttelt nichts am „soliden Koalitionsvertrag in Rom“, wie die beiden ungleichen Partner und Rivalen Salvini und Di Maio stets betonen.

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