Der arabische Frühling mit weiblichem Gesicht
Es sind Mütter, Töchter, Ehefrauen, Studentinnen, Pensionistinnen – und auch Männer sind dabei: Unter dem Titel "The Uprising of Women in the Arab World" wehren sich Frauen mittels einer Netz-Kampagne gegen Unterdrückung und verlangen soziale Gerechtigkeit. Auf Initiative von fünf Frauen – sie halten sich im Hintergrund – posten Unterstützerinnen in sozialen Netzwerken, allen voran auf Facebook, Fotos von sich. Das Besondere daran: Viele der Frauen verdecken mit den Schildern, auf denen ihre Botschaften stehen, ihr eigenes Gesicht – und weisen mit dem Schild zeitgleich darauf hin, dass sie ein Ende der Verschleierung und Gesichtslosigkeit fordern.
Die Kampagne hat seit ihrem Start in diesem Oktober eine Menge Menschen dazu bewegt, mitzumachen. Die geposteten Fotos gehen in die Tausende, die Anzahl jener, denen die Facebook-Seite gefällt, liegt bei mehr als 60.000. Und die Aussagen sind immer ähnlich: Ein saudisches Mädchen meint, sie sei bei der Kampagne dabei, weil „sie kein Foto ihres eigenen Gesichts machen darf“. „Betrachtet unsere Hirne, nicht unsere Körper“, taucht wie ein geflügeltes Wort dutzende Male auf der Seite auf. Auch Religion ist klarerweise Thema: „Der Islam ist meine Würde“, so ein Mädchen aus dem Sudan – „ich akzeptiere es nicht, im Namen des Islam verletzt oder vergewaltigt zu werden.“
Facebook-Sperre
Gefallen an der Aktion finden Menschen weltweit – die Solidaritätsbekundungen kommen aus Paris ebenso wie aus Neuseeland. Facebook jedoch schien mit all dem keine besondere Freude zu haben: Da sie Seite angeblich gegen die Nutzerrichtlinien des Netzwerks verstoßen habe, wurden die Accounts der fünf Administratorinnen gesperrt. Ihnen wurde vorgeworfen, mit dem Aufruf, einer der Teilnehmerinnen auf Twitter zu folgen, sich nicht an die Facebook-Regeln gehalten zu haben.
Dass die Unterstützer annehmen, die Sperre sei durch andersgesinnte Facebook-Nutzer zustande gekommen – sie können eine Seite als anstößig melden – liegt auf der Hand. Dies sieht auch Jakob Steinschaden von futurezone.at so: "Da der Inhalt der Meldung meiner Meinung nach nicht zu beanstanden ist, könnte es sein, dass die Gegner der Aktion das Posting wiederholt gemeldet haben", meint er. "Ein anderer Grund könnte sein, dass Facebooks Klarnamen-Pflicht tragend geworden ist. Die Aktivistinnen sind möglicherweise nicht mit echtem Namen, sondern mit Pseudonymen zum Schutz ihrer Identität angemeldet." Generell betont er aber, dass "die Melde-Funktion von Gegnern gerne instrumentalisiert wird, um Sand ins Getriebe zu werfen."
Die Frauen lassen sich von ihrem Vorhaben trotz aller Widerstände nicht abbringen. „Unser Slogan ist inzwischen in Damaskus auf T-Shirts gedruckt zu lesen, ebenso bei einer Fahrradtour durch Marseille, er ist auf einer Häuserwand der Mohammed Mahmoud-Straße in Kairo lesen und auch an Privathäusern in Riyadh“, schreiben sie.
Zur Facebook-Seite, zum Twitter-Profil
Kommentare