Das syrische Anti-Terror-Netz

Die syrische Community ist in Deutschland bestens vernetzt – ein Glück für die Behörden.

Monis Bukhari ist stolz auf seine Landsleute, das hört man. "Ich verneige mich vor ihnen", sagt er, "genauso sollte man handeln, genauso zeigt man Engagement".

Wenn Bukhari über jene Syrer spricht, die am Montag in Leipzig den mutmaßlichen Terroristen Jaber al-Bakr festsetzten, dann könnte auch so etwas wie Stolz über seine Leistung mitschwingen, schließlich ist der 38-Jährige Herr über das größte Netzwerk syrischer Migranten in Deutschland – jenes Netz, das dafür sorgte, dass Al-Bakr hinter Gittern landete. 150.000 Follower hat seine Facebook-Seite "Syrisches Haus"; 90 Prozent davon leben in Deutschland. Die Dinge, die dort gepostet werden, verbreiten sich in der Community in Windeseile. So auch der Fahndungsaufruf der deutschen Polizei: "Einer der sechs Administratoren der Seite hat das Foto des Täters gepostet, dazu persönliche Informationen, als Warnung an alle Syrer, dass der Kerl gefährlich ist", sagt Bukhari. "Der Post wurde heftig diskutiert und geteilt."

Wie ein Kettenbrief

Ein Glück für die Polizei, die ihre Fahndung ebenso auf arabisch abgesetzt hatte – denn die mehr als 400.00 Menschen umfassende syrische Community ist über herkömmliche Kanäle kaum zu erreichen. Deutsche Medien sind nicht ihre Hauptinformationsquelle; diese Funktion haben das "Syrische Haus" oder ähnliche Seiten wie die "Syrische Gemeinde in Deutschland" übernommen, sie verfügt über eine ähnlich große Reichweite. Innerhalb dieser Netzwerke tauscht sich eine Vielzahl der Syrer in Deutschland aus, quasi per elektronischem Kettenbrief. "Die Männer, die al-Bakr in Leipzig bei sich schlafen ließen, haben die Fahndung im Netz gesehen und ein Foto vom Täter gemacht. Das haben sie wiederum im Netz geteilt, wo seine Identität bestätigt wurde. Dann haben sie ihn gefesselt und die Polizei gerufen", erzählt Bukhari.

410 ähnliche Hinweise auf Terroristen unter Flüchtlingen hat das Bundeskriminalamt bisher schon bekommen, viele stammen selbst von Asylsuchenden. Triebfeder dafür ist oft die Angst vor dem Generalverdacht: Schon nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach gingen Asylsuchende auf die Straße, um sich von der Vorverurteilung freizusprechen; auch bei der Suche nach Al-Bakr war das Thema, sagt Monis Bukhari. Er hat sich auch deshalb dazu entschieden, seine Seite frei von politischen oder religiösen Inhalten zu halten. "Wir widmen uns dem Leben in Deutschland", sagt er; der Schutz vor Terroristen aus dem eigenen Land gehört da auch dazu.

Ähnlich sehen das die Macher von "German Life Style", einer Facebook-Seite von drei jungen Syrern, die mit Witz Vorurteile abbauen wollen. "Wir müssen hier als Syrer diejenigen von uns bekämpfen, die den Menschen hier, die uns unterstützen und allen, die hier leben, etwas Schlimmes antun wollen", so die Nachwuchs-Comedians Allaa, Abdul und Fayez. Sie haben die Fahndung unter ihren 90.000 Fans verbreitet; nach der Festnahme schrieben sie: "Wir bedanken uns herzlich bei der Polizei und bei unserem Landmann. Wir wissen genau, was es bedeutet, in einer unsicheren Lage zu leben."

Darunter finden sich hunderte dankbare Kommentare, viele auch von Deutschen – und dazu der Aufruf, den mutigen Syrern doch einen Verdienstorden zu verleihen. Knapp 9000 Menschen haben das schon unterschrieben.

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