Das „Brain“ hinter Cambridge Analytica

Das „Brain“ hinter Cambridge Analytica
Warum der geniale Erfinder und Whistleblower Christopher Wylie heute bereut, was er getan hat.

„Nichts Gutes kam je von Cambridge Analytica“, sagt Whistleblower Christopher Wylie. Der 28-jährige Kanadier wurde am Dienstag stundenlang von britischen Parlamentsabgeordneten in der Daten-Affäre befragt. The Independent übertrug das Ganze live – ironischerweise auf Facebook.

Im Sekundentakt treffen neue Kommentare zu dem Live-Video ein, das mehrere hundert Menschen verfolgen. Sie sind voller Lob für den „ehrlichen“, „mutigen“ und auch „witzigen“ Wylie mit den pinken Haaren, Bart, Brille, Ohr- und Nasenring. Ein charismatischer, eloquenter und vor allem enorm schlauer Kopf. Wylie ist nämlich nicht nur ein Whistleblower, der Beweismaterial an Journalisten und das Untersuchungskomitee weitergab, sondern auch das „Brain“ (Gehirn) hinter dem Konzept von Cambridge Analytica (CA). Nach eigener Beschreibung war er der schwule, kanadische Veganer, der irgendwie das „mindfuck tool“ der psychologischen Kriegsführung für Steve Bannon entwickelt hat.

Politische Werbung von Cambridge Analytica

Ungewöhnliche Karriere

Sein Lebensweg ist wohl genauso außergewöhnlich wie sein äußeres Erscheinungsbild. Mit sechs Jahren wurde er in der Schule missbraucht, später diagnostizierte man bei ihm ADHS und Legasthenie. Mit 16 brach er die Schule ab und ging in die kanadische Politik. Er brachte sich selbst das Codieren bei und begann mit 20 ein Jurastudium in London. Während des Studiums arbeitete er für die Liberalen Demokraten in Großbritannien. Nach seinem Abschluss begann er mit einem PhD in „Fashion Forecasting“, also mit dem Studium der Vorhersage von Modetrends.

2013 wurde Wylie dann von Alexander Nix, dem späteren CEO von CA, als Daten-Experte und -Wissenschaftler für „SCL Elections“ angeworben. Im selben Jahr traf Christopher Wylie den damaligen Breitbart-Chef Steve Bannon, der später vor allem als Chefstratege von Präsident Trump bekannt wurde. Wylie erklärte Bannon, dass Politik wie Mode sei: „Trump ist im Grunde genommen so wie ein Paar Uggs oder Crocs. Wie bekommt man die Menschen von dem Gedanken ‚Ugh. Total hässlich.‘ zu dem Moment, wo jeder sie trägt?“ Mithilfe des amerikanischen Investors Robert Mercer wurde dann CA gegründet.

Wylies Idee war genial: Mithilfe von Millionen Facebook-Nutzer-Profilen – also mit den persönlichen und privaten Daten der Nutzer – sollten aus gereifte psychologische und politische Profile erstellt werden. Um dann auf die Persönlichkeit zugeschnittene politische Werbung zu schalten. Die von CA eingesetzte Methode verhalf Trump vermutlich zum Wahlsieg, und auch beim Brexit-Referendum könnte CA eine Rolle gespielt haben.

2014 verlies Wylie CA. Er hatte nicht über die Konsequenzen seiner Arbeit nachgedacht. Seit einem Jahr arbeitet er mit Journalisten zusammen, um aufzudecken und wieder gerade zu richten, was er da ins Rollen gebracht hat.

Veronika Ebner

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