Clinton über Kohl: "Wollte, dass ich Dinge esse, die ich nicht essen wollte"

Bill Clinton bei seiner Rede
Mit einer humorvollen Rede verabschiedete sich Bill Clinton in Straßburg von seinem Freund Helmut Kohl.

Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat Altkanzler Helmut Kohl für seine Lebensleistung um die Versöhnung in Europa eine ungewöhnliche Liebeserklärung gemacht. Im Folgenden die Rede Clintons in Auszügen:

Helmut Kohl gab uns die Chance, an etwas beteiligt zu sein, das größer ist als wir selbst. Größer als unsere Amtszeiten, größer als unsere flüchtigen Karrieren. Denn wir alle werden früher oder später in einem Sarg wie diesem liegen. Das einzige Geschenk, das wir zurücklassen können, ist eine bessere Zukunft für unsere Kinder und die Freiheit, damit sie ihre eigenen Entscheidungen treffen können, eigene Fehler eingeschlossen. Ich habe ihn geliebt. Hillary sagte, ich liebe ihn, weil er der Einzige war mit einem größeren Appetit auf Essen als ich. ... Einmal hat er mich mit in sein Lieblingsrestaurant genommen - in der Hauptstadt meines eigenen Landes...

Der Anfang des 21. Jahrhunderts in Europa schlug nach seiner Uhr. Er hatte wichtige Fragen, die beantwortet werden mussten und die alle heute noch gültig sind. Und wegen seiner Antworten sind wir hier. ...

Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand dominiert

Es gibt in der Politik keine permanenten Siege oder Niederlagen. Es kommt vor allem darauf an, was uns antreibt. Ich mochte diesen Mann, weil sein Appetit weit über das Essen hinausging. Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand dominiert. Eine Welt, in der Zusammenarbeit besser als Konflikt ist. In der verschiedenartige Gruppen bessere Entscheidungen treffen als Alleinherrscher. ...

Er hatte den Standpunkt vertreten, dass in einer Welt, die miteinander verflochten ist, in der Grenzen eher Netze als Mauern sind, ... dass wir in dieser Welt einen gemeinsamen Nenner suchen müssen.

Er liebte es Deutscher zu sein. Er liebte es, Europäer zu sein

Er liebte es, Deutscher zu sein. Er versuchte, mich dazu zu bringen, ein paar Dinge zu essen, die ich nicht essen wollte. Weil er es liebte, Deutscher zu sein. Er liebte es, Europäer zu sein. Aber in seinem großen, hochpolitischen, oftmals dominierenden Führungsstil war die Grundlage das Verständnis, dass die Krebskrankheiten des 20. Jahrhunderts alle von Leuten kamen, die glaubten, dominantes Herrschen ist besser als Zusammenarbeit. Darum sind wir alle hier. Alte Leute, die sagen wollen: Danke für die Möglichkeit, bei einer Sache mitzumachen, die größer ist als wir selbst. ...

Schlaf gut mein Freund. Das größte Geschenk, das du uns hinterlässt, ist die Lektion, dass es am wichtigsten ist, was wir unseren Kindern hinterlassen: Freiheit, Frieden, Sicherheit - damit sie für ihren eigenen Wohlstand sorgen können und ihre eigenen Träume verfolgen können. Sie sollen daran glauben, dass sie Großes erreichen können, indem sie etwas aufbauen und nichts einreißen. Du hast das gut gemacht in deinem Leben. Und wir, die dabei sein durften, lieben dich dafür. Danke.“

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