Xi Jinping gab sich bei Blinken-Besuch in Peking als "Good Cop"

Xi Jinping gab sich bei Blinken-Besuch in Peking als "Good Cop"
Nachdem Außenminister Qin Gang und Chefdiplomat Wang Yi stundenlang gegen die USA gewettert hatten, nahm sich Xi 35 Minuten Zeit - und sah "Fortschritte".

Nach fünf Jahren betrat mit Anthony Blinken erstmals wieder ein US-Außenminister chinesischen Boden. Eigentlich hätte der Besuch bereits im Frühjahr stattfinden sollen, wurde aber abgesagt, nachdem das Verhältnis zwischen beiden Großmächten nach der Sichtung eines mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballons über den USA einen Tiefpunkt erreicht hatte.

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Heute, knapp vier Monate später, traf Blinken innerhalb von nur 36 Stunden in aufsteigender Reihenfolge die außenpolitischen Größen der Volksrepublik. Bemerkenswert war dabei vor allem die unterschiedliche Tonalität, mit der Chinas Führungsriege Blinken gegenübertrat.

Am Sonntagabend stand zunächst ein Treffen mit dem neuen chinesischen Außenminister Qin Gang an, der in seinen ersten Monaten mit viel Kritik an den USA aufgefallen war. Bei einem rund fünfstündigen Gespräch soll Qin vor allem „mehr Respekt“ vonseiten Washingtons eingefordert haben, beide Außenminister hätten „ihre Positionen deutlich gemacht“, so die US-Seite.

„Wolfskrieger“ Wang Yi teilt gegen die USA aus

Am Montagvormittag traf Blinken dann auf Qins Vorgänger und heutigen Vorgesetzten Wang Yi. Der außenpolitische Chefideologe der kommunistischen Partei gilt in China als Gründervater der „Wolfskrieger“ – einer im Ton oftmals martialisch auftretenden Generation chinesischer Diplomaten – und machte diesem Ruf alle Ehre.

In den USA herrsche eine „falsche Wahrnehmung“ von China vor, das ziehe eine „falsche Politik“ seinem Land gegenüber nach sich, kanzelte Wang sein Gegenüber ab.

Xi Jinping gab sich bei Blinken-Besuch in Peking als "Good Cop"

Zehn Jahre war er Außenminister, seit Jänner ist Wang Yi (rechts) außenpolitischer Chefideologe der kommunistischen Partei. Und teilt als solcher gerne gegen Blinken (links) und die Vereinigten Staaten aus.

Wenn Blinken wieder eine Gesprächsebene etablieren wolle, müsse er aufhören, „die Theorie aufzubauschen, China sei eine Gefahr“. Die US-Regierung mische sich zudem „rücksichtslos in Chinas interne Angelegenheiten“ ein – gemeint ist der Konflikt um die Insel Taiwan, bei dem es „keinen Raum für Kompromisse“ gebe.

Xi zeigt sich auch zu einem Gipfeltreffen mit Biden bereit

Doch im modernen China zählt letztlich nur das Urteil eines Mannes. Und so war Blinkens anschließendes Gespräch mit Machthaber Xi Jinping, das der erst kurzfristig zugesagt hatte, das entscheidende. Chinas Präsident, der sonst gerne gegen die USA wettert, gab sich schon zur Begrüßung überraschend sanft: „Ich hoffe, dass Sie durch diesen Besuch weitere positive Beiträge zur Stabilisierung unserer Beziehungen leisten werden.“

Xi Jinping gab sich bei Blinken-Besuch in Peking als "Good Cop"

Am Ende hängt im politischen System des modernen China fast alles von der Meinung eines Mannes ab: Machthaber Xi Jinping (rechts).

Knappe 35 Minuten reichten Xi, um die Verhandlungsarbeit von Blinken, Wang und Qin wohlwollend abzunicken. Es sei ohnehin nicht um „Durchbrüche“, sondern um „Fortschritte“ gegangen – und die sehe er nun, so Xi, der sein anschließendes Statement im Staatsfernsehen mit den Worten schloss: „Das ist sehr gut.“

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Konkret einigten sich beide Seiten auf leichtere Visa-Vergaben für Journalisten und Studenten sowie mehr kommerzielle Direktflüge über den Pazifik. Künftig wolle man in Klimaschutzfragen enger zusammenarbeiten.

Die Erwartungshaltung ist groß, dass Blinkens Besuch nur der Beginn einer Reihe bilateraler Gipfel sein wird. In den nächsten Monaten könnten US-Finanzministerin Janet Yellen und Handelsministerin Gina Raimondo nach Peking reisen.

Und, das ist das entscheidendste Signal: Xi soll seine Bereitschaft zu einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden im November signalisiert haben.

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