Warum China gerade jetzt den Streit mit den USA neu entfacht

Die beiden Großmächte unserer Zeit befinden sich seit Jahren im Handelskrieg, der mal mehr, mal weniger offen ausgetragen wird. In Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident zeigt sich das deutlicher denn je: Nachdem China und die USA einander im Frühsommer mit hohen Strafzöllen belegten, schlossen sie ab Juni mehrere Handelsabkommen.
Zuletzt herrschte wieder Tauwetter, Trump und Chinas Machthaber Xi Jinping einigten sich sogar auf ein Treffen in Südkorea Ende Oktober.
Seit Donnerstag ist es mit der versöhnlichen Stimmung wieder vorbei. „Ich hatte immer das Gefühl, dass sie auf der Lauer liegen, und, wie üblich, habe ich Recht behalten“, tönte Trump am Freitag auf seiner eigenen Plattform Truth Social. In einem weiteren Text drohte er neuerliche Strafzölle in Höhe von 100 Prozent auf alle chinesischen Waren ab 1. November an. Was ist geschehen?
Neue Exportkontrollen für Seltene Erden
In der Tat kündigte Chinas Handelsministerium am Donnerstag neue, folgenschwere Maßnahmen an, um Pekings Kontrolle über den Welthandel mit Seltenen Erden massiv auszuweiten.
Diese chemischen Elemente, viele davon magnetisch, sind für die Produktion moderner Elektronik essenziell. China verfügt über große Vorkommen, vor allem aber als einziges Land über die Technologie und industriellen Möglichkeiten, Seltene Erden im großen Stil zu raffinieren.
Durch die neuen Exportkontrollen müssen ab 1. Dezember nicht nur chinesische, sondern auch ausländische Unternehmen beim Handelsministerium in Peking um eine Genehmigung ansuchen, wenn sie Produkte exportieren wollen, die auch nur Rückstände von Seltenen Erden aufweisen, die mithilfe von chinesischer Technologie verarbeitet wurden. Selbst dann, wenn die Verarbeitung außerhalb Chinas stattfand.
Warum auch Europa betroffen ist
Es ist eine Maßnahme, die sich in erster Linie gegen die USA richtet und vor allem in der US-Rüstungsindustrie zu spüren sein dürfte. Dort sind Seltene Erden in fast allen fortschrittlichen Waffensystemen verbaut, etwa F-35-Kampfjets, Atom-U-Booten und Tomahawk-Raketen.
Das hat auch Auswirkungen auf Europa: Schon jetzt kommen die US-Rüstungskonzerne der Zahl an Bestellungen unterschiedlicher Staaten nicht mehr nach, dieser Rückstau könnte sich deutlich vergrößern - womit auch europäische Waffenkäufe auf sich warten lassen würden, was wiederum die Waffenlieferungen an die Ukraine verzögern dürfte.
China schlägt Trump mit seinen eigenen Waffen
„So etwas hat noch niemand erlebt“, schrieb Trump. Tatsächlich orientieren sich die Exportkontrollen aber ziemlich genau an der sogenannten „foreign direct product rule“ (FDPR), mit der die USA seit den 1950er-Jahren ausländische Firmen rechtlich belangen können, wenn sie ohne Genehmigung Produkte exportieren, in denen US-Technologie verbaut ist. Erst Ende September verbot die US-Regierung damit erneut den Export fortschrittlicher Halbleiter-Chips an China.
Peking ist bisher gut damit gefahren, Donald Trumps eigene Waffen gegen ihn zu richten; etwa während des Zollstreits im Sommer, aus dem China im Vergleich zu anderen Staaten gestärkt hervorging.
Diesmal, so argumentiert der US-Sinologe Andy Rothman, dürfte Xi Jinping die neuen Exportkontrollen als Verhandlungsmasse für sein Gipfeltreffen mit Trump nutzen und im Fall von Gegenleistungen wieder aufheben wollen. Ganz im Stile seines Gegenübers.
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