Putin, Modi, Xi: Die autoritäre Zweckallianz gegen Trump

Narendra Modi, Wladimir Putin und Xi Jinping bei einem Treffen.
Am Sonntag treffen einander Wladimir Putin, Xi Jinping und Narendra Modi in China. Die Allianz stellt sich damit hinter Putins Krieg – und setzt ein Zeichen gegen die USA. Ihr Ziel: Das Ende der liberalen Weltordnung.

Dass Narendra Modi ausgerechnet am 6. August zusagte, zum großen Gipfel der Shanghai Cooperation Organisation nach China zu kommen, war kein Zufall. Donald Trump hatte an diesem Tag 50-Prozent-Zölle gegen Indien verhängt, weil Modi sich standhaft geweigert hatte, auf russisches Öl und Waffen zu verzichten. Indiens Premier, der bisher immer eine Politik des Ausgleichs verfolgt hatte, setzte damit ein Zeichen: Er reist am Sonntag ins Terrain seines einstigen Erzfeindes China, um sich mit Präsident Xi Jinping und Russlands Staatschef Wladimir Putin zu treffen – das ist eine klare Ansage an Donald Trump.

Putin als Nutznießer

Lange war die Shanghai Cooperation Organisation, kurz SCO, kein Zusammenschluss mit großem Gewicht. Das hat sich erst in den vergangenen Jahren geändert, als Donald Trump China den Handelskrieg erklärte – und Putin seine Panzer Richtung Kiew rollen ließ. Die 2001 gegründete Allianz umfasst nämlich die Partner, die seinen Krieg mitfinanzieren: China, Indien, Iran.

Dass Indien sich nun mit Paukenschlag auf die Seite Moskaus und Pekings schlägt, dient vor allem dem Kremlchef. Er hat es schon vergangenes Jahr beim BRICS-Treffen in Kazan geschafft, die Rivalen China und Indien für seine Zwecke an einen Tisch zu bringen; die hatten seit einem blutigen Grenzstreit im Himalaya 2020 kaum ein Wort miteinander gewechselt gehabt. Dass am Sonntag aus der chinesischen Hafenstadt Tianjin nun doch amikalere Bilder der drei in die Welt geschickt werden, ist damit eine Machtdemonstration ganz im Sinne des Kreml.

Kurier Grafik Die globale Kräfteverteilung

Gegen den Hegemon USA

Doch nicht nur Moskau nutzt der Schulterschluss. China, das im Kampf mit Donald Trump ebenso wie Indien bisher standhaft blieb und den USA lediglich mit Gegenzöllen antwortete, geht es dabei ebenso um eine Verschiebung des globalen Gefüges: „China und Russland wollen eine neue Weltordnung“, schreibt Claus Soong, Asienexperte bei MERICS. Sie wollen weg vom alten Modell der liberalen Demokratien und der gemeinsamen wertebasierten Regelfindung, hin zu einem anti-westlichen, autoritär angehauchten System. Das Sagen soll dabei – und das ist eigentlich zentral – nicht mehr der globale Hegemon USA haben.

Wirtschaftlich ist das ein Kraftakt, der auf den ersten Blick unschaffbar scheint. Die USA stellen 27 Prozent des globalen BIP, das ist mehr als China, Indien und Russland gemeinsam; mit Europa als willigem Partner kommt man sogar auf knapp 40 Prozent. Das beeindruckt Peking und Neu-Delhi aber herzlich wenig, wie ihre Reaktion auf Trumps Zollkeule zeigte: Indien riskiert Einbrüche von 70 Prozent bei den Exporten in die USA, den bisher mit Abstand größten Exportmarkt des Landes. Doch darauf kann Delhi leichter verzichten als auf russische Waren: Schon den seit den 1960ern bezieht das Land den Großteil seiner Waffen aus Moskau, das ganze Militär ist darauf ausgerichtet. Dazu ist man auf Putins Dumpingpreis-Öl angewiesen – das boomende Indien ist weltweit der drittgrößte Öl-Verbraucher, dazu verkauft man das raffinierte Öl gewinnbringend, auch an Europa.

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Vorerst wichtiger als ein wirtschaftlicher Sieg gegen den Westen ist der Allianz aus Russland, China und Indien ohnehin ein Inhaltlicher. Schon lange wird dort an der Erzählung gesägt, dass das westliche Lebensmodell das einzig erstrebenswerte sei; die eigene Bevölkerung hat man davon schon lange überzeugt, teils mit Gewalt. Jetzt unterstützen einander Putin, Xi und Modi auch gegenseitig in ihren autoritären Narrativen: „Farbrevolutionen“ wie sie Putin seit den Umstürzen in Kiew und Tbilisi auch militärisch bekämpft, verdammen nun auch seine Verbündeten.

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Wenig Schlagkraft

Realpolitisch hat die Allianz aber durchaus ihre Probleme. Auch wenn Putin die SCO seit 2022 geschickt nutzt, um Sanktionsumgehungen auf Schiene zu bringen – 90 Prozent der fürs Militär genutzten Chips in Russland stammen aus China, trotz US- und EU-Protesten: Verbündete im klassischen Sinne sind weder die drei großen Player Russland, Indien und China, noch die restlichen SCO-Mitglieder. Indiens Grenzkonflikt mit China kann jederzeit wieder aufflammen, auch der Riesenstaudamm, den Peking in Tibet plant, ist den Indern ein Dorn im Auge. Und gerade bei eskalierenden Konflikten innerhalb der SCO zeigte sich, wie wenig Vermittlungskraft die autoritären Führer untereinander haben: Als die Atommächte Pakistan und Indien einander zuletzt bekriegten, war es ausgerechnet Donald Trump, der vermittelte. Ebenso war es bei den SCO-Partnern Armenien und Aserbaidschan.

Trump ist am Sonntag ohnehin der Elefant im Raum. Er ist zwar der erklärte große Gegner der Allianz, zeitgleich spielt er ihnen aber auch in die Hände: Die liberale Weltordnung, die Peking, Moskau und Delhi gewaltvoll abmontieren, untergräbt Trump auch selbst munter.

Ein Treppenwitz der Geschichte, könnte man meinen.

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