Waffen, Eisenbahnen, Luxus: Wie China seine Nachbarn überrollt
Ein Bahnhof? Auf dem Stadtplan ist da kein Bahnhof, draußen am Stadtrand von Vientiane. Der Tuk-Tuk-fahrer wirft nur einen kurzen Blick auf die Karte, die ihm der verwirrte Gast aus Österreich hinhält - dann hat er das vielleicht wichtigste von seinen geschätzten fünf Wörtern Englisch parat: „China“.
Auf dem Stadtplan ist er nicht zu finden, umso mehr Platz nimmt er in der Realität in Anspruch. Dort, wo in der Hauptstadt von Laos nur noch ein Wildwuchs aus kleinen, ärmlichen Häuschen, Feldern und Betoncontainern das Stadtbild bestimmt, steht diese überdimensionierte Pagode im chinesischen Stil, als hätte sie ein launischer Riese dort fallengelassen.
Der launische Riese heißt China und die Pagode ist der örtliche Bahnhof des neuen Netzwerks aus Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecken, die die Supermacht gerade quer durch Südostasien baut. In wenigen Jahren werden diese Züge durch alle Staaten zwischen Myanmar und Malaysien rasen, Ausgangs- End- und Angelpunkt aller Strecken ist ein Bahnhof in Südchina.
Chinesische Luxustempel
Chinesische Aufschriften am Bahnhof, chinesisches Personal, chinesischer Kaffee im Bordbistro: Diese Eisenbahn macht in jedem Moment deutlich, wer hier gebaut und wer hier das Sagen hat.
Chinas Auftritt in seinen Nachbarstaaten im Südostasien kennt keine Zurückhaltung, es ist in Eisen und Beton gegossener Machtanspruch einer Supermacht. In Vientiane, noch mehr aber in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas definieren chinesische Hotels, Casinos und Clubs neue Standards des Luxus. Wer sich aber als westlicher Tourist einem der pseudo-barocken Palais im Stadtzentrum nähert, prallt schon auf der Freitreppe vor dem goldenen Portal in eine Gruppe grimmig entschlossener Sicherheitsleute. Auf die Frage, ob man vielleicht einen Drink an der Bar oder auch der Terrasse nehmen könne, bekommt man schon wieder die einsilbige Antwort: China – geschlossene Gesellschaft
Wenigstens freundlicher sind die Vertreter, die in noblen Einkaufszentren von Phnom Penh den Fremden aus dem Westen als möglichen Kunden für eines der luxuriösen Wohnbau-Projekte am Ufer des Mekong anpeilen. 50 Stockwerke und dahinter ein chinesischer Baukonzern: Chinas Immobilienblase entleert sich inzwischen überall in seinen Nachbarländern. Die technische Ausstattung der Wohnung, wird dem Europäer dann stolz erklärt, stamme übrigens aus Deutschland.
Dutzende Automarken
Zumindest in chinesischen Luxusappartements wird also noch deutsche Technik verbaut. Auf den Straßen ist die inzwischen verschwunden, dort dominieren - bei den neueren Modellen - ebenfalls die Chinesen.
Auf den riesigen Plakatflächen entlang der Stadtautobahnen werden chinesische Automarken beworben, von denen man in Europa noch nicht einmal gehört hat – vorerst.
Es geht nicht nur um Eisen- und Autobahnen: China schafft in seinen Nachbarstaaten die Infrastruktur, die es für die wirtschaftliche Expansion braucht. Einen Kanal etwa, der den Mekong-Fluss in Kambodscha mit dem Golf von Thailand verbindet, ist in Planung. Damit sollen Waren aus China schneller auf Containerschiffe in Richtung Westen geschafft werden.
Vieles davon, wird ohnehin schon in Kambodscha, oder Laos hergestellt – im Auftrag chinesischer Firmen, die so ihren im eigenen Land stark gestiegenen Lohnkosten ausweichen. Längst ist China der mit Abstand größte Investor und der größte Handelspartner in den Staaten Südostasiens. In welche Projekte und in welche Branche das Geld fließt, entscheidet allein Peking.
So nützt man das wirtschaftlich unterentwickelte Laos vor allem als Quelle für Bodenschätze, Seltene Erden etwa, aber auch Gold. Gerade im gebirgigen Norden des Landes, an der Grenze zu China, gibt es große Goldvorkommen, die von chinesischen Firmen abgebaut werden. Berichte über massive Umweltverschmutzung, aber auch über die elenden Arbeitsbedingungen für die einheimischen Arbeitskräfte sind die negativen Begleiterscheinungen dieser Expansion.
Die Spielregeln für all diese Investitionen werden allein von China bestimmt. Schon allein deshalb, weil etwa Laos beim großen Nachbarn so schwer verschuldet ist, dass das ohnehin bettelarme Land völlig von den Kassen des übermächtigen Nachbarn abhängig ist. Dreht der den Geldhahn zu, folgt im Augenblick der Staatsbankrott.
Die wirtschaftliche Expansion wird auch von einer militärischen begleitet. Für Chinas Perlenketten-Strategie, die das Land als globale Seemacht etablieren soll, werden die Nachbarländer ebenfalls benützt. Ein zuletzt großzügig ausgebauter Marinestützpunkt an der Küste Kambodschas wird ausschließlich von der chinesischen Kriegsmarine genützt.
Die ist erst vor wenigen Wochen von dort erstmals zu einem riesigen Manöver im Golf von Thailand ausgelaufen. Eine langjährige Kooperation mit der US-Marine , die auf eben dieser Basis ihren Stützpunkt hatte, hat Kambodscha eingestellt.
Entsprechend selbstbewusst und pompös sind die politischen Auftritte Chinas in den Nachbarländern. Erst vor wenigen Wochen war Chinas Präsident Xi Jinping auf Staatsbesuch in Kambodscha, um über den weiteren Ausbau der militärischen Zusammenarbeit zu sprechen, aber auch um das Tempo der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu beschleunigen. Der Bau des erwähnten Kanals geht den Chinesen zu langsam. Um die Laune des Präsidenten zu heben, hatten die Gastgeber eine kleine Überraschung vorbereitet: Der neue Autobahn-Ring am Rand der Hauptstadt hat wurde aus dem Anlass feierlich eingeweiht und bekam seinen Namen: Xi-Jinping-Boulevard. Verständlich, er führt direkt zum neuen Flughafen - finanziert und erbaut von China.
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