Chefredakteur des kritischen ungarischen Mediums "Index" gekündigt

Chefredakteur des kritischen ungarischen Mediums "Index" gekündigt
Szabolcs Dull sieht die Unabhängigkeit von "Index" in Gefahr, der Druck der Regierung soll zu groß sein.

Der Chefradakteur des größten unabhängigen, regierungskritischen Onlineportals Ungarns, "Index.hu", Szabolcs Dull, ist gekündigt worden. Das gab der Kuratoriumsvorsitzende der "Index"-Eigentümerin MFA, László Bodolai, am Mittwoch bekannt.

Laut Bodolai hätten die Ereignisse der letzten Tage gezeigt, dass der Chefredakteur "nicht in der Lage war, die die Marktlage ungünstig beeinflussenden inneren Prozesse zu stoppen oder zu kontrollieren".
 

In dem Brief Bodolais an die "Index"-Mitarbeiter heißt es weiter, dass die politische Unabhängigkeit von "Index" auch weiterhin nicht gefährdet sei. Über die Person des neuen Chefredakteurs werde später entschieden, wobei für den ebenfalls vakanten Posten des Generaldirektors von "Index" das Direktionsmitglied Pál Szombathy ernannt wurde.

Dull hatte in den vergangenen Wochen wiederholt darauf verwiesen, das die "Index"-Redaktion in Gefahr sei. Er war nach seinen ersten öffentlichen Warnungen Ende Juni aus dem Direktorium der Stiftung MFA entfernt worden. Damals waren Pläne an die Öffentlichkeit gelangt, wonach Teile der Redaktion an externe Firmen ausgelagert und so die Unabhängigkeit des Portals und auch die Arbeitsplätze in Gefahr gebracht werden könnten.

In einer Aussendung vom Mittwoch betonte Dull: Die Ereignisse der letzten Wochen hätten noch deutlicher gezeigt, dass es in Ungarn für ein Medium Bedarf gebe, bei dem "keine schleichenden äußeren Kräfte darüber entscheiden, was in die Zeitung gelangt und wer diese herstellt, wo frei und unabhängig gearbeitet werden kann". Dull arbeitete seit 2014 bei "Index" und hatte seit 2019 den Posten des Chefredakteurs inne.

Das Portal hatte bereits seit längerem befürchtet, durch Druck vonseiten der rechtsnationalen Regierung von Viktor Orbán seine Unabhängigkeit zu verlieren und zu einem offiziellen Regierungsmedium zu werden, wie dies vor einigen Jahren mit dem anderen großen ungarischen Onlineportal "origo" geschehen war. Nach der Parlamentswahl 2018 hatte "Index" auf seiner Website einen Barometer bezüglich der Unabhängigkeit der Redaktion mit drei Stufen eingerichtet: grün für unabhängig, gelb für Gefahr und rot für nicht unabhängig. Gegenwärtig steht der Zeiger auf gelb.

Vor einigen Monaten hatte der regierungsnahe Geschäftsmann Miklós Vaszily 50 Prozent der Anteile des Medienkonzerns Indamedia, von der die Redaktion von "Index" wirtschaftlich - etwa bezüglich der Werbeeinnahmen - abhängt, übernommen. Dies war bereits als Warnhinweis für eine mögliche bevorstehende politische "Übernahme" des Onlineportals gewertet worden. Auch die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourová, hatte bereits Besorgnis bezüglich der Unabhängigkeit von "Index" und der Pressefreiheit in Ungarn geäußert.

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