Seehofer bei der CDU: Eine Verbeugung mit kleinem Aber
„Für meine Verhältnisse ein sehr freundlicher Empfang“, sagt Horst Seehofer mit schelmischem Grinsen. Dafür bekommt er viele Lacher, denn eines kann der CSU-Chef: selbstironisch agieren.
Seine Auftritte bei CDU-Parteitagen haben Tradition, der ewig geführte Kampf zwischen den Schwesterparteien wird hier einmal im Jahr auf offener Bühne inszeniert. Diesmal steht er aber unter besonderen Vorzeichen: Dass der Bayer die Kanzlerin bei seinem eigenen Parteitag in München zuletzt geradezu vorgeführt, ja gedemütigt hat, will ihm im Saal hier keiner gerne nachsehen. Der Applaus ist zu Beginn müde, man hört sogar einen leisen Pfiff.
Merkel selbst kann sich heute gelassen neben Seehofer geben. Sie begleitet ihn in die Halle, das Haupt erhoben, er wirkt ein wenig gebeugt neben ihr, vielleicht weil er zwei Köpfe größer ist. Sie hat gestern zu alter Größe zurückgefunden: Merkel hat am Montag eine fulminante Rede gehalten,die Partei wieder hinter sich versammelt. Die Kritiker hier, sie sind auf wenige Gegenstimmen geschrumpft.
Kontingent, Reduktion, Obergrenze
Seehofer war bisher jener mit der lautesten Stimme. Heute bleibt er aber leise. „Da lag ein Pressespiegel auf meinem Platz – und das ist einer, wie er mir noch nie vergönnt war“, eröffnet er seine Rede. Es wird wieder gelacht. Die Schlagzeilen heute feiern Merkel, er selbst kommt überall nur am Rande vor. „Du kannst ja auch über andere Themen sprechen“, habe man ihm deshalb im Vorfeld gesagt. Das will er aber nicht.
Ganz gemächlich tastet er sich deshalb dorthin vor, wo er es sich zwischen den Schwestern spießt – spricht anfangs von Kontingent, dann von Begrenzung, erst am Schluss von der Obergrenze. Der Begriff, den die CDU gestern mit nur zwei Gegenstimmen per Leitantrag aus ihrem Wortschatz gestrichen hat, ist für die CSU zentral, sagt er. Denn seine Partei hat ihm mit einem Auftrag geschickt: Auch sie hat kürzlich auch einen Leitantrag verabschiedet, und zwar für die Obergrenze. „Der hat nur eine Gegenstimme bekommen,“ sagt Seehofer lachend.
"Politisch abgerechnet wird über die Zahlen am Schluss"
„Es gibt ein ganz hohes Maß an Übereinstimmung, aber wir haben noch verdammt viel zu arbeiten“, sagt er. „Ich sag' das nicht als Cassandra“. Eine Begrenzung müsse sein, denn „politisch abgerechnet wird über die Zahlen am Schluss.“ Und die seien, so rechnet er vor, nach wie vor hoch: 5193, 5433, 3877, 4238, 4486 zählt er auf - „das sind die Ankunftszahlen der letzten fünf Tage.“
Merkel hinter ihm hört aufmerksam zu. Seehofer wird versöhnlich: „Ich möchte diese beiden Leitanträge übereinander legen“, sagt er, geht auf die CDU zu. Man müsse das „vernünftig und klug lösen“, das alles könne man nur „gemeinsam als CDU und CSU schaffen“. „Von Abschottung halten wir gar nichts, Frau Kanzlerin“, sagt er, sie lächelt. Das sind die Worte, die sie sonst auch gerne wählt.
Im Publikum wird immer noch auf eine Breitseite gewartet. Doch die kommt nicht. Seehofer bleibt zahm, macht sich sogar darüber lustig, dass morgen wieder in den Zeitungen stehen werde, er sei „ein schnurrendes Kätzchen gewesen.“
Der Applaus für ihn ist am Schluss dennoch verhalten. Gejohlt wird nur bei einem Satz: „Wir haben eine exzellente Kanzlerin.“ Da lächelt auch Merkel wieder.
Kommentare