Strenge Ermahnung aus Brüssel: Was Serbien zum Balkan-Problemkind macht

Das sah weniger nach Staatsbesuch als nach Kontrolltermin aus. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen landete zum Auftakt ihrer Blitztour durch die EU-Beitrittskandidaten am Westbalkan in Belgrad. Dort empfing sie ein fast unterwürfiger Präsident Aleksandar Vučic, der vor allem damit beschäftigt war, sich bei der EU für ihre Unterstützung zu bedanken und zu betonen, dass Serbien „sein Bestes gebe“ und er nur hoffe, „dass Brüssel unsere Bitten hört.“
Von der Kommissionschefin gab es sehr deutliche Ermahnungen. Man erwarte sich, dass Serbien endlich mit seinem Europakurs „ernst mache“ und „sein Engagement mit Taten unter Beweis stelle, statt mit Worten.
Tatsächlich hat Brüssel zuletzt den Druck auf Serbien erhöht, die Verhandlungen über den zukünftigen Beitritt wurden quasi auf Eis gelegt. Belgrad hatte ohnehin alle ernsthafte Arbeit für einen EU-Beitritt eingestellt.
Eine für viele Beobachter viel zu spät erfolgte Reaktion auf Vučics Politik, die die Demokratie des Landes aushöhlt und die Opposition mit wachsender Brutalität unterdrückt. Seit mehr als einem Jahr gehen regelmäßig Zehntausende Serben auf die Straße, um gegen die politische Willkür der Regierung, Korruption und Misswirtschaft zu demonstrieren. Auslöser war der Einsturz eines Bahnhofsdaches, bei dem das Geld für die Renovierung offensichtlich in dunkle Kanäle geflossen war. Die Regierung, die anfangs die Demonstrationen noch friedlich unter Kontrolle zu bringen versuchte, ließ zuletzt die Polizei auf die Demonstranten einprügeln und ließ außerdem nationalistischen Schläger, die sich den Demonstranten in den Weg stellten, freie Hand.
Zugleich flirtet Vučic unverhohlen mit Russlands Präsident Putin und lässt Investoren aus China freie Hand. Damit aber hat sich der Staatschef politisch zwischen die Fronten begeben und macht das ohnehin mühsame Alltagsleben seiner Bürger noch schwieriger.
Energienot droht
Die völlig von Öl und Gas aus Russland abhängige Energiewirtschaft Serbiens ist von den USA kürzlich mit Sanktionen belegt worden. In Folge drohen auch EU-Nachbarn ihre Geschäfte mit Serbien einzustellen. Dazu kommen die neuen Einfuhrzölle der EU auf Stahl, die Serbiens Stahlkocher treffen, da die EU für sie der wichtigste Markt ist. Vučic nützte das Treffen mit EU-Kommissionschefin, um seine Landsleute auf einen „schwierigen Winter“ einzustellen.
Von der Leyen machte ziemlich deutlich, auf welchen Gebieten sich die EU rasche Reformen erwartet. Es gehe um die Grundlagen des Rechtsstaates und um die Freiheit der Medien. Extra betonte sie das Recht der Bürger, sich friedlich zu Protesten zu versammeln.
Vučic stritt jede Gewalt gegen Demonstranten ab, gab sich aber gegenüber der Kommissionschefin trotzdem einsichtig und gelobte quasi Besserung. „Wir wissen, dass wir noch viel zu tun haben und dass uns auch politisch ein schwieriger Winter bevorsteht, aber die Richtung für unsere Politik ist Europa.“
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