Bruchlandung für Obamacare
Vor Kurzem fiel eine schwangere Frau im Publikum während einer Rede von US-Präsident Barack Obama beinahe in Ohnmacht. Obama hielt mitten im Satz inne und stützte sie. Mittlerweile kursiert ein Witz über diese Szene, verbunden mit höhnischer Kritik an der fehlerhaften Webseite der neuen Krankenversicherung („Obamacare“). Er lautet: Der einzige Teil von Obamacare, der funktioniert, ist jener, wenn sich Obama persönlich um die Kranken kümmert.
Doch einen Monat nach dem Start der Gesundheitsplattform ist es immer noch nicht klar, wie viele Amerikaner es geschafft haben, sich anzumelden. Fast 500.000 Anmeldungen erwartete die Regierung allein im Oktober. Laut internen Dokumenten dürfte die Zahl aber unter 100.000 liegen.
Bereits zwei Mal seit Anfang Oktober musste die zerknirschte Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius vor dem Kongress erscheinen, um das Nicht-Funktionieren der Webseite zu erklären. Es waren „elende fünf Wochen“, klagte sie und entschuldigte sich, traf aber auf kein Verständnis der Kongressabgeordneten.
Porträt: Barack Obama
Republikanisches Nein
Mittlerweile verlieren aber auch die Demokraten ihre Geduld mit den Pannen der Webseite. Senator Max Baucus, ein Demokrat aus Montana, der am Krankenversicherungsgesetz mitgearbeitet hatte, warnte bereits im Frühjahr vor „einer massiven Katastrophe“ und sagte nun, die Arbeit daran sei „völlig unzufriedenstellend.“
Währenddessen bricht die Onlineplattform ständig zusammen. Die Liste der Beschwerden ist lang: Kein Zugriff auf die Webseite, sehr lange Wartezeiten, falsche Informationen. Die persönlichen Daten der Kunden seien auch nicht genügend gesichert.
Private IT-Firmen
Das Weiße Haus versuchte die Schuld für die Pannen auf die privaten IT-Firmen zu schieben, die die Plattform aufgebaut haben. Bei einer Anhörung im Kongress wiesen diese aber die Anschuldigungen zurück.
Doch das sind nicht die einzigen Probleme des Versicherungsgesetzes. Präsident Obama versprach den Amerikanern, sie könnten ihre bestehende Versicherung weiter behalten, wenn sie mit ihr zufrieden seien. Trotzdem verlieren fünf Prozent der Versicherten ihre Polizzen, weil diese laut dem neuen Gesetz nicht mehr gültig sind. Die Versicherungsfirmen seien schuld daran, hieß es aus dem Weißen Haus. Der Washington Post-Kolumnist Glenn Kessler will das dem Präsidenten aber nicht abkaufen. „Die Bemühungen der Regierung, die Versicherungsfirmen zu beschuldigen, ist ein klassischer Fall von Irreführung“, sagt er.
Präsident Obama entschuldigte sich öffentlich. Sein Image hat unterdessen massiv eingebüßt. Eine Gallup-Umfrage von Anfang November zeigt, dass die Zustimmung der Amerikaner für die Arbeit ihres Präsidenten einen historischen Tiefpunkt erreicht hat. Ein Jahr nach seiner Wiederwahl sank sie auf 39 Prozent. Nach einer Lösung bezüglich der verlorenen Versicherungspolizzen sucht man immer noch.
Die „Stop Hillary“-Bewegung, eine neue republikanische Lobbygruppe, hat gerade eine erste deftige Niederlage erlitten. Die Gouverneurswahl im Bundesstaat Virginia ging daneben. „Bürger Virginias, wir haben keinen Zweifel daran, dass Terry McAuliffe Hillarys Vize wird. Bitte, wir brauchen eure Stimme, um Hillary aufzuhalten,“ stand auf der Facebook-Seite der PAC („politisches Aktions-Komitee“) am Tag vor der Wahl.
Doch am 5. November verlor der Republikaner Kenn Cuccinelli gegen seinen demokratischen Gegner Terry McAuliffe. Das ist der Mann, der angeblich der nächste Vizepräsident der USA wird, sollte Hillary Clinton in drei Jahren das Weiße Haus erobern.
„Stop Hillary“ gibt sich trotzdem nicht geschlagen. Man werde weiter gegen die frühere Außenministerin arbeiten, sagt Sprecher, Garrett Marquis, zum KURIER: „Wir füllen gerade unsere Kriegskasse. „ Etwa 300.000 Dollar liegen derzeit drin – meist von kleinen Spenden von fünf bis fünfzig Dollar. Eine Million Dollar sollen es schon bis Ende des Jahres sein.“
Dabei hat Hillary Clinton offiziell noch nicht einmal gesagt, ob sie überhaupt zur Präsidentschaftswahl im November 2016 antreten möchte. Das braucht sie aber anscheinend auch gar nicht zu äußern. Mittlerweile sind alle – ihre Anhänger, ebenso wie ihre Gegner – fest überzeugt, dass sie ins Rennen geht. „Niemand zweifelt daran, dass sie antreten wird,“ erklärt Marquis. Ohne jede formelle Ankündigung scheint also der Präsidentschaftswahlkampf 2016 begonnen zu haben.
Hillary im Wandel der Zeit:
Unterstützung
Anfang des Jahres wurde eine erste Pro-Hillary-Lobbygruppe mit dem Namen „Ready for Hillary“ aktiv. Eine der Mitgründerinnen ist die Historikerin und langjährige Clinton-Mitarbeiterin Allida Black, die seit den 1990er-Jahren an Hillarys Seite in einer Reihe von karitativen Initiativen stand. Die Organisation ist eifrig dabei, Geld zu sammeln und ein dichtes Netz von Gefolgsleuten zu knüpfen, an der Basis, aber auch unter Prominenten.
Es gibt unter den Demokraten aber auch Stimmen, die warnen, dass das alles ein bisschen zu früh sei. Sie erinnern an 2008, als Hillary in den Augen vieler bereits als Kandidatin feststand und diese Annahme es dann Obama am Ende erlaubte, an ihr vorbeizupreschen.
„Stop Hillary“ folgte dann Ende des Sommers. „Die Stop Hillary PAC wurde aus einem einzigen Grund geschaffen: Amerika vom destruktiven linken und liberalen Krebs zu retten, der durch Bill und Hillary Clinton erzeugt wurde“, ist auf ihrer Homepage zu lesen. Gegründet wurde „Stop Hillary“ vom Republikaner Ted Harvey aus Colorado. Mit 22 Jahren hatte er bereits eine Stelle im Weißen Haus unter Präsident Ronald Reagan. Nun sitzt er im Repräsentantenhaus von Colorado.
Marquis meint, es sei nicht zu früh, mit der Anti-Hillary-Arbeit zu beginnen. „Wir sprechen über den Präsidentschafts-Wahlkampf 2016, meinen aber auch die früheren Wahlkampagnen, wie die für den Kongress 2014,“ sagt er.
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