Britischer Geheimdienst sieht Nachschub- und Personalprobleme bei den Russen

Im ukrainischen Feuer
Das ukrainische Militär setzt offenbar auch Waffenarttrappen ein, um die Angreifer zu täuschen. Die russische Kampfmoral bleibt mies.

Die russischen Besatzer um die südukrainische Stadt Cherson leiden nach Angaben von britischen  Militärexperten trotz erheblicher Verstärkungen unter Personal- und Nachschubproblemen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg am Dienstag hervor.


Ob die Russen der kürzlich gestarteten ukrainischen Gegenoffensive in der Region standhalten könnten, hänge entscheidend davon ab, ob sich eine Neuorganisation der Invasionstruppen bewähre, hieß es in der Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London weiter.

Neuorganisation der Kommandostrukturen

„Seit Anfang August hat Russland erhebliche Anstrengungen unternommen, um seine Kräfte am Westufer des Flusses Dnipro (Dnjepr) um Cherson herum zu verstärken“, hieß es in der Mitteilung auf Twitter. Dabei seien die Einheiten im Süden wohl durch Komponenten aus dem Osten ergänzt worden. Das lege eine grundsätzliche Neuorganisation der Kommandostrukturen nahe. Die meisten Einheiten um Cherson seien jedoch wohl weiterhin unterbesetzt und hingen von brüchigen Nachschublinien per Fähre und Pontonbrücken ab.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Schein-Raketensysteme aus Holz

Das ukrainische Militär setzt im Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren laut einem Bericht der „Washington Post“ auch Waffenattrappen ein, um die Angreifer zu täuschen. Dabei gehe es etwa um hölzerne Nachbildungen moderner US-Raketensysteme, schrieb die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf ungenannte hochrangige Beamte aus den USA und der Ukraine.


 Auf diese Weise seien die russischen Streitkräfte dazu gebracht worden, teure Marschflugkörper vom Typ Kalibr auf harmlose Replikate zu verschwenden. Das Blatt habe auch Fotos dieser Scheinziele begutachten können, hieß es weiter.

Drohnen erkennen Attrappen nicht

Russische Drohnen, die den Standort der vermeintlichen Raketensysteme an die Flotte im Schwarzen Meer übermittelten, könnten die Attrappen nicht von echten Artilleriebatterien unterscheiden. „Wenn die Drohnen die Batterie sehen, ist diese wie ein VIP-Ziel“, zitierte die Zeitung einen ukrainischen Offiziellen. Nach einigen Wochen hätten diese „Dummies“ bereits mindestens zehn Kalibr-Raketen in die Irre geleitet. Angesichts des Erfolgs sei die Produktion der Replikate ausgebaut worden.

Mehr zerstört als geliefert

Die Nachbildungen könnten laut „Washington Post“ auch ein Grund dafür sein, dass die Anzahl vermeintlich zerstörter westlicher Waffensysteme in russischen Berichten so hoch ausfalle, insbesondere mit Blick auf den US-Raketenwerfer Himars. „Sie haben behauptet, mehr Himars getroffen zu haben, als wir überhaupt geliefert haben“, zitierte das Blatt einen US-Diplomaten.

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