Ex-Staatssekretär fleht EU an, sein Land rauszuwerfen
Die EU-27 werden heute Abend mit 99,99999 Prozent eine Fristverlängerung für Großbritanniens EU-Ausstieg absegnen. Die Frage ist nur, wieviel Zeit den Briten gelassen wird und welche Auflagen damit verbunden sind. Eben das wollen Hardliner im britischen Unterhaus überhaupt nicht. "Bitte erlöst uns von unseren Qualen und stimmt am Gipfel gegen die Verlängerung des Brexit-Prozesses, flehte förmlich ein früherer Staatssekretär die EU-Staats- und Regierungschefs an. Das sei auch in ihrem Interesse, betonte der Brite: Sollte Großbritannien an den Europawahlen Ende Mai teilnehmen, sei es sehr wahrscheinlich, dass danach "eine Armee von Mini-Nigel-Farages in der EU verheerendes Chaos anrichtet". Der britischen EU-Parlamentarier Farage ist ein glühender EU-Gegner, ihm ist die Brexit-Misere maßgeblich zu verdanken.
Bei der vorigen Europawahl 2014 wurde die damals von Nigel Farage geführte UKIP mit knapp 27 Prozent stärkste Kraft. Derzeit liegt sie in Europawahl-Umfragen bei 7,5 Prozent, die neue Brexit-Partei von Farage bei 10,3 Prozent. Zusammen haben diese europafeindlichen Parteien fast so viele Stimmen wie die zerstrittenen Konservativen von Regierungschefin Theresa May: Sie rangiert in der Umfrage der Denkfabrik Open Europe an zweiter Stelle mit 23 Prozent. Umfragesieger ist demnach die oppositionelle Labour-Partei mit 37,8 Prozent, vorn.
Leben schwer machen
Auch der konservative Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg hat kürzlich aufhorchen lassen: Sollte Großbritannien länger in der EU bleiben, werde man den Europäern das Leben so schwer wie möglich machen, so die offene Drohung an die EU-Länder. So oder so ähnlich klangen etliche Brexit-Befürworter im Unterhaus zuletzt. Kein Wunder also, dass die EU ihrerseits Regeln überlegt, wie sie das vermeiden kann. Im Einladungsschreiben an die Staats- und Regierungschefs für den Sondergipfel schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk, er „erwarte von Großbritannien die Garantie für einen “Geist der aufrichtigen Zusammenarbeit" mit der EU.
Im Entwurf des Gipfelbeschlusses heißt es ausführlich dazu: Die EU-27 verlangen die “Verpflichtung Großbritanniens, in konstruktiver und verantwortungsvoller Weise diese einzigartige Periode in Einklang mit den Aufgaben einer aufrichtigen Zusammenarbeit„ zu agieren". Die EU “erwartet, dass Großbritannien seine Verpflichtungen in einer Art erfüllt, die ihre Situation als austretender Mitgliedsstaat widerspiegeln". In diesem Sinn solle Großbritannien das Erreichen der EU-Ziele erleichtern und Abstand nehmen von irgendwelchen Maßnahmen, die diese Ziele gefährden könnten. Dabei wurden die langfristigen EU-Pläne, die Ernennung von Spitzenpositionen und Budget-Entscheidungen angeführt.
Fristverlängerung erwartet
Die Erwartung vor dem Sondergipfel ist, dass den Briten eine neuerliche Fristerstreckung gewährt wird, die über den von der britischen Premierministerin Theresa May erbetenen kurzfristigen Verlängerungstermin 30. Juni deutlich hinausgeht. Die Rede ist von einer Ausdehnung der Austrittsfrist bis entweder Ende des Jahres oder sogar bis März 2020.
In dem Entwurf für den Gipfel ist die Dauer der Verlängerung noch nicht definiert. Diese muss erst vom Gipfel beschlossen werden. “Wenn das Vereinigte Königreich noch ein Mitglied der EU am 23.-26. May 2019 (dem Datum der Europawahlen, Anm.) ist, und wenn es nicht das Austrittsabkommen bis 22. Mai 2019 ratifiziert hat, muss es in Einklang mit EU-Recht Wahlen zum Europäischen Parlament abhalten", heißt es. “Wenn das Vereinigte Königreich diese Verpflichtung nicht erfüllt, wird der Austritt am 1. Juni 2019 stattfinden." Weiters heißt es in dem Dokument, das noch mit einem Datum befüllt werden muss: “Eine solche Verlängerung soll nur so lange dauern wie notwendig, und auf jeden Fall nicht länger als (XX.XX.XXXX)."
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