Wie Österreich und Bayern jetzt den jahrelangen Transit-Streit lösen wollen

ARBEITSBESUCH DES BAYERISCHEN MINISTERPRÄSIDENTEN SÖDER BEI BUNDESKANZLER STOCKER
Der bayerische Ministerpräsident Söder hält die Tiroler Blockabfertigung weiter für EU-rechtswidrig. Ein "Slot-System" soll Abhilfe schaffen.

Als Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) vor zwei Wochen erstmals zu seinem deutschen Amtskollegen Friedrich Merz (CDU) flog, setzten die beiden Regierungschefs darauf, Einigkeit zu demonstrieren – in so gut wie allem: Migration, Grenzkontrollen, EU-Bürokratieabbau. Im Transit-Streit werde man schon auch noch eine Lösung finden, hieß es da. Wie, darauf gingen sie nicht ein.

Was in Berlin nur Randthema war, wurde am Donnerstag in Wien nun von Stocker ausgiebiger vor der Presse erläutert. Jedoch nicht mit Merz, sondern dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), für den die Tiroler Blockabfertigung EU-rechtswidrig ist.

Darum geht es im Transit-Streit

In dem mittlerweile jahrelang dauernden Streit geht es um die wichtige Brenner-Autobahn, die Tirol mit Südtirol verbindet. Für Reisen sowie den Handel zwischen Deutschland und Italien spielt sie eine zentrale Rolle. Für politisches Kopfzerbrechen sorgt jedoch die Frage, wie man den Verkehr am Brenner am besten regelt – um lange Staus zu vermeiden, aber auch Belastungen wie Lärm und Schmutz für die in der Nähe wohnende Bevölkerung.

Tirol hat sich vom zunehmenden Schwerverkehr über den Brenner derart gestört gefühlt, dass es die Blockabfertigung, also eine Anzahlbegrenzung für Lkw, und Fahrverbote eingeführt hat. Sehr zum Unmut Deutschlands – und Italiens, das Österreich deshalb 2024 auf Bestreben von Verkehrsminister Matteo Salvini vor dem Europäischen Gerichtshof wegen „Anti-Transitmaßnahmen“ geklagt hat. Bayern hege für die Klage „Sympathie“, so Söder in Wien. Doch selbst wenn Tirol Blockabfertigung und Fahrverbote aufhebe: „Das Verkehrsproblem bleibt.“ Stocker sprach von Tiroler „Notmaßnahmen“.

"Slot-System" soll es lösen

Schon mit Stockers Kanzler-Vorgängern Sebastian Kurz und Karl Nehammer (beide ÖVP) versuchte Söder eine Lösung zu finden. Im Gespräch war etwa eine Mauterhöhung, durch die der Weg über den Brenner weniger attraktiv wäre. Solch einen Schritt setzte die Schweiz, was dazu führte, dass viele LKW den Umweg über den Brenner nahmen – und so das Verkehrsaufkommen noch einmal erhöhten. Für das EU-Mitglied Österreich ist eine Mauterhöhung nicht möglich, sie wäre EU-rechtswidrig. 

Nun soll ein anderer, ebenfalls kein neuer, Vorschlag in die Umsetzung kommen: Ein sogenanntes, digitales „Slot-System“. Frächter sollen Zeitfenster für die Durchfahrt buchen können, der Verkehr so kontrollierter ablaufen. 

Schon 2023 hatten Bayern, Tirol und Südtirol einem solchen zugestimmt, doch die italienische und die deutsche Regierung waren dagegen. Österreich war schon unter Türkis-Grün dafür. Einen Zeitplan hatten die beiden konservativen Politiker nicht parat. Stocker kündigte an, das Thema bei seiner Rom-Reise nächste Woche mit Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ansprechen zu wollen. 

Neben einem möglichen solchen System sprach Stocker sich dafür aus, dass der Transitverkehr noch stärker auf die Schiene verlegt werden solle. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine alte Forderung. Und: der Brennerbasistunnel (BBT) zur Entlastung der Autobahn solle so schnell wie möglich einsatzbereit sein, die nördliche Zulaufstrecke rasch gebaut werden. Zweiteres ist Deutschlands Aufgabe, bislang ging hier aber eher wenig weiter. Eigentlich soll der BBT bis 2032 in Betrieb gehen. 

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