Blutgold und Machtpolitik: Wer unterstützt wen im Sudan?
Die RSF richten Massaker auf brutalste und menschenverachtendste Art und Weise an.
„Sie suchten Menschen aus, richteten sie vor unseren Augen hin und sagten dann: „Begrabt eure Brüder„ – und wir bedeckten sie mit Erde. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie 18 Menschen töteten, anschließend mussten die Menschen sie mit bloßen Händen begraben“, sagt ein Überlebender aus der Stadt Al-Fashir dem britischen Sender Sky News.
Massaker
Es ist einer von zahlreichen Berichten über unmenschliche Gräueltaten in der sudanesischen Stadt, die für gut 18 Monate von den „Rapid Support Forces“ (RSF) belagert, bombardiert – und Ende Oktober eingenommen wurde. Satellitenfotos belegen Leichen auf den Straßen, frisch ausgehobene Gräber. Überlebende berichten von Erschießungen, Vergewaltigungen, Plünderungen. Ein weiteres, grausames Kapitel im seit zweieinhalb Jahren andauernden Bürgerkrieg. Die RSF tun das, was sie bereits früher als „Dschandschawid“, „Teufel auf Pferden“, getan haben: Unzählige Angehörige des Volkes der Masalit und andere Gegner foltern, vergewaltigen, ermorden. Hunderttausende sind seit 2003 bei Kämpfen in Darfur gestorben.
Der nun tobende Krieg zwischen dem Militär um General Abd al-Fattah al-Burhan und den paramilitärischen RSF von al-Burhans ehemaligem Stellvertreter Mohammed Hamdan Dagalo könnte die Grausamkeiten der Nulljahre noch übertreffen. Dagalo sind diese Massaker bestens vertraut – er war bereits in den frühen 2000er-Jahren ein Kommandant der „Dschandschawid“. 2021 putschte er gemeinsam mit Burhan gegen die damalige Übergangsregierung - die geplante Eingliederung der 100.000 RSF-Mitglieder in die Armee hat Ende 2022 allerdings bestehende Spannungen zwischen den Kräften verschärft.
Unterstützer und Gegner
Diese eskalierten im April 2023 endgültig – mittlerweile ist das Land de facto geteilt. Zumindest bei einem oberflächlichen Blick auf die Lagekarten. Jedoch sind die beiden Machtblöcke nicht unbedingt homogen, sondern stützen sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Milizen mit unterschiedlichen Interessen. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) etwa haben ein großes Interesse daran, Dagalo zu unterstützen.
Zum einen soll dieser große Mengen an Gold in Abu Dhabi gebunkert haben – zum anderen erhofft man sich größeren Einfluss in Nordafrika: Die Waffengeschäfte florieren von Algerien über Libyen, wo man den Warlord Khalifa Haftar unterstützt bis hin zum Tschad – und eben zu den RSF. Auch wenn die VAE offiziell dementieren, sind die Waffenlieferungen, etwa bulgarische Mörsergranaten, die zuvor an die VAE geliefert worden waren, bestätigt.
Logistische Drehscheibe
Im Jemen-Krieg unterstützten etwa 10.000 RSF-Söldner die emiratischen Truppen. Auch Drohnen chinesischer Bauart sollen über eine Luftbrücke in den Sudan geraten – geliefert von den Emiraten. Auch in diesem Krieg spielen vor allem FPV-Drohnen eine immer größere Rolle.
Möglich ist die Logistik über den offiziell neutralen Tschad. Allerdings belegen zahlreiche Berichte, dass das Land zumindest als logistische Drehscheibe fungiert und zudem RSF-Rekrutierungsbüros im eigenen Land tolerieren soll. Die USA unter Donald Trump versuchen, einen Frieden zu vermitteln: Im September legte eine gemeinsame Kommission aus Vertretern der USA, der VAE, Saudi-Arabiens und Ägyptens einen Plan für eine Waffenruhe vor. Vorgesehen war eine dreimonatige humanitäre Feuerpause, an die sich eine neunmonatige Übergangsphase anschließen soll. In dieser Zeit hätte eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden sollen.
Russlands Interessen
Wohl auf Druck der VAE stimmten die RSF zu – nach dem Fall von Al-Fashir und den Massakern verweigerte die Burhan-Regierung allerdings ihre Zustimmung. Man wolle weitere Massaker dieser Art verhindern und weiter gegen die RSF kämpfen. Russland wiederum vollzog 2024 einen Schwenk von den RSF, die vor allem durch Wagner-Söldner unterstützt hatten, hin zur Unterstützung der Burhan-Regierung, deren Kämpfer jenen der RSF in puncto Grausamkeit um nichts nachstehen. Moskau könnte damit ein Marinestützpunkt in Port Sudan winken. Eine Zusage der Regierung in Khartoum besteht bereits.
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