Bis Sommer 200.000 Flüchtlinge erwartet

Athen hofft in der Flüchtlingskrise nun auf die NATO. Denn jeden Tag kommen weitere Boote an.

Die Griechen haben es satt, zum Sündenbock der Flüchtlingskrise gemacht zu werden. "Wir haben keine Grenzen geöffnet. Wir haben auch niemanden im Meer ertrinken lassen. Hätten die Länder Mitteleuropas sie nicht eingeladen, wären die Flüchtlinge nicht nach Griechenland gekommen", sagte der griechische Vizeminister für Migration, Ioannis Mouzalas, am Sonntag im Fernsehsender Mega.

Laufend stranden weitere Flüchtlingsboote auf den griechischen Inseln der Ostägäis. Derzeit gelangen jeden Tag rund 3000 Menschen von der türkischen Küste hierher. Auf dem griechischen Festland stecken bereits gut 25.000 Menschen fest, und mit jeder Fähre von den Inseln, die der Türkei am nächsten liegen, werden es mehr. Durch die verschärften Grenzregelungen auf der Balkanroute kommen sie auch nicht weiter in Richtung Norden, nach Deutschland, wo die meisten hinwollen.

NATO als Hoffnung

Der Einsatz der NATO, glaubt Athen, könnte den Zustrom der Flüchtlinge um 70 Prozent senken. Aber bleibt alles wie bisher, dann rechnet die griechische Regierung damit, dass bereits im März 50.000 bis 70.000 Menschen in Griechenland "festsitzen" werden, sagte Mouzalas. Schaut man sich die Zahlen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR an, dann könnten es bis zum Sommer schon 200.000 sein, die in Griechenland versorgt werden müssen, weil sie in kein anderes Land gelassen werden.

Man arbeite derzeit im ganzen Land daran, Aufnahmemöglichkeiten zu schaffen, etwa durch den raschen Umbau von fünf unbenutzten Militäranlagen. Dabei handle es sich jedoch nur um Notfalllager, betonte Mouzalas.

"Verkauft Häuser nicht"

Gemeinsam mit dem UNHCR wollen die Griechen jetzt einen Fernsehspot produzieren, der in den Ländern ausgestrahlt werden soll, aus denen die Flüchtlinge stammten. Man will sie von der Flucht abhalten. Die Botschaft des Spots fasste der Minister so zusammen: Die Grenzstadt "Idomeni ist zu. Verkauft eure Häuser nicht, um nach Griechenland zu kommen!"

Idomeni ist der Grenzübergang zu Mazedonien, wo sich derzeit wieder Dramen abspielen. Von versuchten Selbstmorden verzweifelter Frauen ist die Rede, von frierenden Menschen, die im Freien, nur in Decken gehüllt, übernachten, darunter unzählige kleine Kinder.

"Die Verzweiflung und Ratlosigkeit der Menschen ist groß", berichtet der österreichische Rotkreuz-Koordinator Christopher Bachtrog am Sonntag aus Idomeni. Die humanitäre Lage Tausender Flüchtlinge sei "dramatisch".

"Zurzeit sind rund 7000 Menschen in Idomeni. Das Areal ist aber nur für bis zu 1500 Menschen ausgelegt, und weitere Menschen kommen in unregelmäßigen Abständen dazu", berichtet der 34-jährige Österreicher. "Viele Menschen müssen im Feld unter freiem Himmel schlafen. Die Menschen stellen sich bis zu drei Stunden an, um Essen zu bekommen", erzählt der Helfer. "Es gibt keine zehn Meter, an denen ich nicht auf Menschen treffe, die mich verzweifelt fragen, wo sie ein Zelt, Schuhe oder Decken bekommen und wie es mit ihnen weitergeht."

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