Berlin will Migranten auch in Drittstaaten abschieben
Ein Syrer wird in Deutschland straffällig, eine Abschiebung in sein Heimatland ist aber wegen des Bürgerkriegs dort nicht möglich: Bisher war Berlin so einem Fall dazu verdammt, die Person zu inhaftieren – und abzuwarten.
Jetzt hat die Regierung einen Plan gefasst, um diesem Dilemma zu entgehen. Straffällig gewordene Migranten aus Bürgerkriegsländern sollen künftig nicht in ihre Heimat, sondern in jene Länder abgeschoben werden, über die sie in die EU eingereist sind. "Wir verhandeln mit der Türkei und anderen Ländern über die Rückübernahme auch solcher Flüchtlinge, die aus Drittstaaten kommen", bestätigt Peter Altmaier, der Flüchtlingskoordinator Angela Merkels, in einem Interview mit der Bild am Sonntag.
Abschreckung
Die Maßnahme ist Teil einer Strategie, die Deutschland seit geraumer Zeit verfolgt. Weil man lange nachlässig bei der Rückführung nicht asylberechtigter Personen war – 200.000 Ausreisepflichtige befinden sich derzeit im Land, 50.000 davon könnten umgehend abgeschoben werden –, will man nun die Taktung erhöhen. Zudem setzt man darauf, dass allein die Ankündigung, künftig härter vorzugehen, einen abschreckenden Effekt erzielt, so wie dies bei Balkan-Flüchtlingen bereits im Sommer gelungen ist – die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsländer ließ schon lange vor dem Inkrafttreten des Gesetzes die Ankunftszahlen stark sinken. Auf dies hofft man nun auch im Maghreb – erst am Freitag hat die Regierung Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsländer eingestuft: trotz aller Warnungen von Menschenrechtlern, dass dies eine Fehleinschätzung sei.
Die Botschaft, dass Migranten auch in Drittstaaten zurückgeschickt werden, soll nun ähnlich wirken – selbst bei jenen, die keine Straftat begangen haben. Denn es scheint nicht ausgeschlossen, dass die Regelung auch auf nicht Asylberechtigte ausgeweitet werden könnte, die bisher aufgrund fehlender Papiere oder mangelnder Kooperationsbereitschaft ihrer Herkunftsländer nicht abgeschoben werden könnten.
Abhängig von Ankara
Was dazu fehlt, ist ein Ja vom Bosporus, denn schließlich kommen beinahe alle Flüchtlinge über die Türkei. Mit Ankara wird in diesem Kontext auch über die Möglichkeit, Flüchtlinge direkt von Griechenland wieder zurückzuschicken, verhandelt – der Plan, den die niederländische Regierung vor kurzem vorgelegt hat, wird auch in Berlin goutiert. Deutschland würde dazu im Gegensatz Kontingente an Flüchtlingen aus der Türkei übernehmen. Wie viele dies sein könnten, sagt im Moment aber noch niemand – die Zahl müsste jedenfalls deutlich unter jenen 1,1 Millionen liegen, die Deutschland im vergangenen Jahr aufgenommen hat.
Vorerst bleibt es deshalb bei verbaler Abschreckungspolitik – auf die setzt mittlerweile selbst Kanzlerin Merkel. Bei einer CDU-Veranstaltung ließ sie Asylberechtigten ausrichten, dass ihr Recht auf Unterstützung beschränkt sei: "Wir erwarten, dass wenn wieder Frieden in Syrien ist, wenn der IS im Irak besiegt ist, dass Ihr auch wieder mit dem Wissen, das Ihr Euch erworben habt, in Eure Heimat zurückgeht", sagte sie. Eine unmissverständliche Botschaft.
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