Assad sucht militärische Entscheidung in Syrien

Helfer bergen ein ziviles Opfer aus den Trümmern eines Hauses in Aleppo, 20. November 2016
Seit Wiederaufnahme der Luft- und Artillerieangriffe sollen mindestens 141 Personen ums Leben gekommen sein. Auch Chlorgas wurde eingesetzt.

Der syrische Präsident Bashar al-Assad sucht offenbar die militärische Entscheidung im Syrien-Krieg. Die Armee kündigte am Dienstag an, mit einer neuen Freiwilligentruppe gegen den "Terrorismus" im Land vorgehen zu wollen. Der UNO-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan di Mistura, warnte in Berlin davor, dass Assad eine militärische Eskalation vor dem US-Regierungswechsel im Jänner suchen könnte.

De Mistura sagte, dass es unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump eine Verständigung mit Russland im Syrien-Konflikt geben könnte. Sollte sich Trump an seine Ankündigung halten, vor allem die islamistische Extremistenmiliz IS bekämpfen zu wollen, gebe es danach die Chance auf ein gemeinsames amerikanisch-russisches Vorgehen in Syrien, sagte de Mistura vor SPD-Abgeordneten in Berlin.

Mindestens 141 Zivilisten getötet

Die syrische Armee kämpft derzeit unter anderem in der früheren Handelsmetropole Aleppo gegen die Rebellen, die wegen des Eingreifens der russischen Luftwaffe aufseiten Assads geschwächt sind. Nach einer mehrwöchigen Pause fliegen die Besatzungen auch wieder Angriffe auf den belagerten Ostteil der Stadt.

Nach Erkenntnissen der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind seit Wiederaufnahme der Luft- und Artillerieangriffe mindestens 141 Zivilisten getötet worden. Am Dienstag seien auch mindestens vier Fassbomben mit Chlorgas auf Teile Ost-Aleppos abgeworfen worden.

In dem Gebiet sind insgesamt etwa 250.000 Menschen eingeschlossen. Die syrische Armee warf den Aufständischen vor, Nahrungsmittel zu horten und forderte, die Rationen an die Bevölkerung zu verteilen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Die neue Einheit solle nun gemeinsam mit den Soldaten und ihren Verbündeten kämpfen, teilten die syrischen Streitkräfte am Dienstag mit. Hintergrund seien die Erfolge der Armee und der Wunsch des Volkes, Terrorakten ein Ende zu bereiten. Die syrische Führung bezeichnet alle Aufständischen als Terroristen, die Präsident Assad mit Gewalt stürzen wollen.

Etwa 40 Kilometer nordöstlich von Aleppo geht unterdessen eine Rebellenoffensive gegen die Extremistenmiliz IS weiter. Die Aufständischen werden dabei von der Türkei unterstützt, die auch weitere Geländegewinne der Kurden verhindern will. Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, die Kämpfer belagerten die Stadt Al-Bab vom Westen her. Zugleich drohte er erneut auch den Kurden im Irak. Sein Land werde nicht zulassen, dass die Stadt Sinjar zum einem "Terrorzentrum" werde.

Die Türkei will unbedingt verhindern, dass die Kurden im Norden der Nachbarländer Syrien und Irak ein zusammenhängendes Gebiet vom IS erobern. Andernfalls befürchtet die Regierung, dass die verbotene PKK im eigenen Land Aufwind bekommen könnte.

Nur politische Lösung

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier betonte ebenso wie de Mistura, dass es keine militärische, sondern nur eine politische Lösung für den Syrien-Konflikt geben könne. Die mehr als 100 Oppositionsgruppen hätten bei allen Differenzen eines gemeinsam, "sich keine Zukunft mit Assad mehr vorstellen (zu) können", sagte Steinmeier. Deshalb müsse über eine Übergangslösung der Macht gesprochen werden.

"Dieser Krieg ist kein Bürgerkrieg", sagte der deutsche Chefdiplomat mit Blick auf die immer massivere Einmischung regionaler Mächte in Syrien. Weil diese Einmischung eine innersyrische Lösung nicht mehr möglich mache, müssten alle Beteiligten zurück an den Verhandlungstisch.

De Mistura zeigte sich überzeugt, dass Russland kein Interesse an einer militärischen Eskalation des Konflikts in Syrien habe. "Wenn man in Syrien kämpfen will, kann man das tun", sagte der UNO-Diplomat. "Wenn man aber gewinnen will, muss man eine politische Lösung suchen."

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