Er trug Granaten, trank Bier und kämpfte im Weltkrieg: Korporal Wojtek, der Bär

Er trug Granaten, trank Bier und kämpfte im Weltkrieg: Korporal Wojtek, der Bär
Kurzerhand machten ihn seine Kameraden zum Soldaten, statteten ihn mit Soldbuch, Dienstgrad und Dienstnummer aus.

Monte Cassino im Mai 1944. Granateneinschläge überall, das Rattern der deutschen Maschinengewehre, ein Bär, der eine 45-Kilo-Munitionskiste schleppt. Ein britischer Soldat wird Jahre später in einem Interview erzählen, dass er seinen Augen nicht traute, als das 1,82 Meter große Tier mit der Artilleriemunition an ihm vorbeitrottete. Doch sein Blick trog ihn nicht: Gefreiter Wojtek, 220 Kilogramm, 22. Artillerieversorgungskompanie, II. Korps der Polnischen Streitkräfte im Westen. Trinker, Tabakkonsument, Gattung: Bär.

Naturfilmer wurde fast von Bär getötet - und hegt dennoch keinen Groll

Zwei Jahre zuvor: Nachdem Nazideutschland der Sowjetunion den Krieg erklärte, ließ Stalin polnische Kriegsgefangene frei, die sich im Iran unter britischem Mandat neu organisierten, um aufseiten der Alliierten in den Krieg zu ziehen.

Soldaten der 22. Artillerieversorgungskompanie kauften einem jungen Buben ein Bärenjunges für ein paar Konservendosen ab, zogen es mit Milchflaschen auf, wuschen es, hatten – nach Jahren der Entbehrung und Gefangenschaft - ihre Freude mit dem jungen Tier. Auch wenn die Haltung nicht den Idealen des Tierschutzes entsprach: Der polnische Soldat Augustyn Karolewski sagte etwa 2008 gegenüber der BBC: "Er wusste ein gutes Bier zu schätzen. Er trank aus der Flasche, wie jeder andere Mensch auch. Und er mochte Zigaretten." Jedoch soll Wojtek die Zigaretten, die die Soldaten ihm gaben, einfach mit einem Bissen hinuntergeschluckt haben. "Eine Flasche war gar nichts für ihn. Er wurde nie betrunken", sagte ein anderer Soldat.

Aus dem Bär wird ein Soldatenbär

Nach erfolgreichen Kämpfen gegen die Wehrmacht im Iran ging es weiter gen Ägypten, anschließend auf ein Schiff Richtung Italien. Der Bär, mittlerweile um ein Vielfaches größer, durfte als Tier nicht an Bord. Kurzerhand machten ihn seine Kameraden zum Soldaten, statteten ihn mit Soldbuch, Dienstgrad und Dienstnummer aus. Es ist wahrscheinlich dem britischen Humor zu verdanken, dass sich Wojtek tatsächlich einschiffen durfte – es ging nach Neapel und anschließend in Richtung Bologna, wo die Alliierten bei Monte Cassino in einer der längsten Schlachten des Krieges gegen die Wehrmacht kämpften.

Er trug Granaten, trank Bier und kämpfte im Weltkrieg: Korporal Wojtek, der Bär

"Immer neugierig und bereit, es den Soldaten nachzumachen, begann er, die Munitionskisten aufzusammeln und sich in Richtung der Kanonen zu bewegen. Die Geräusche des Geschützfeuers beunruhigten ihn nicht, und er bewies Mut, indem er bereit war, seinen Beitrag zu leisten“, berichtet der Sohn des polnischen Soldaten Dymitr Szawlugo, der ebenfalls Mitglied der 22. Artillerieversorgungskompanie war. Seine Einheit änderte nach der Schlacht ihr Wappen: Ein Bär, der eine Artilleriegranate trägt. Wojtek selbst wurde zum Korporal befördert.

Kriegseinsätze gab es für ihn allerdings keine mehr – und als der Krieg endete, wurde er gemeinsam mit seinen Kameraden nach Schottland verschifft und fand zusammen mit 3.000 anderen Soldaten erste Zuflucht in einem Armeelager. Seine Kameraden wollten nicht, dass der Bär ins kommunistische Polen gebracht wird – Wojtek kam in den Zoo von Edinburgh, wo er noch bis 1963 lebte. Seine Kameraden besuchten ihn regelmäßig.

Dem Bären zu Ehren wurden Statuen in Krakau, Edinburgh, Imola und Cassino errichtet. 2011 wurde eine ganze Dokumentation über Wojtek gedreht.

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