Autonomiereferenden in Italien: Rückenwind aus Katalonien

Ex-Premier Berlusconi (re.) unterstützt Präsidenten der Lombardei, Maroni
In Venetien und Lombardei wird über mehr Autonomie abgestimmt. Vorbilder sind Katalonien - und Südtirol

"Wir wollen mehr Unabhängigkeit von Rom" lautet der Slogan der Abstimmung. Am Sonntag findet in den zwei reichsten Regionen Italiens, in Venetien und in der Lombardei, ein Autonomie-Referendum statt. Doch geht es bei der Volksabstimmung nicht um eine Abspaltung von Italien, sondern um eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit der Regionen.

Elf Millionen Bewohner sind aufgerufen, mit "Si" zu stimmen. Die Lombardei und Venetien werden von der rechtspopulistischen Lega Nord regiert. Motiviert durch die Entwicklungen in Barcelona sehen die Regionalisten in Norditalien nun auch ihre Chance.

Den "horrenden Steuerdruck aus Rom" nutzten die Rechtspopulisten als Wahlslogan, um das Autonomie-Referendum durchzubringen.

"Wie Trient oder Bozen"

Mehr regionale Autonomie ist laut Verfassung in Schulen und Krankenhäusern sowie bei Bildung, Umweltschutz, Ziviljustiz und Kulturgütern möglich. Südtirol, Friaul, Aostatal, Sizilien und Sardinien besitzen dank eines Sonderstatuts bereits eine ausgedehnte Autonomie.

Das gut organisierte Südtirol dient dabei als Vorbild, das 80 Prozent seiner Steuergelder vor Ort investieren kann. "Wir werden wie Trient oder Bozen", verspricht der Lega-Präsident der Region Venetien, Luca Zaia.

Wichtig bei der Abstimmung ist neben den Ja-Stimmen die Beteiligung: Je mehr Menschen zur Wahlurne gehen, desto stärker ist künftig die Verhandlungsposition mit Rom.

Wirtschaftsstarke Regionen

Auslöser für die Volksbefragung ist ein seit Jahren schwelender Streit ums Geld. Die wirtschaftsstarken norditalienischen Regionen fordern, mindestens die Hälfte der Steuereinnahmen behalten zu können. Sie stöhnen unter der Steuerlast: Aus der Lombardei fließen jährlich 57,6 Milliarden Euro Steuergelder, aus Venetien 19,3 Milliarden nach Rom.

In der Lega Nord-Hochburg Rosà, einer Kleinstadt im Veneto, ruft Bürgermeister Paolo Bordignon wenige Tage vor der Abstimmung seine Anhänger auf, mit "Si" zu stimmen. "Wir sehen nicht ein, warum in unseren Schulen sizilianische Lehrkräfte arbeiten und unsere Schüler nicht von Lehrern aus dem Veneto unterrichtet werden", kritisiert der Lega-Bürgermeister.

Autonomiereferenden in Italien: Rückenwind aus Katalonien
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Die Ausweitung regionaler Kompetenzen bestimmt die politische Debatte im Land. Rückendeckung kommt von Ex-Premier Silvio Berlusconi und dessen Forza Italia. Diese dürfte bei den Parlamentswahlen im Frühling erneut mit der Lega eine Mitte-Rechts-Allianz bilden.

Berlusconi forderte gleich alle Regionen auf, die über kein Sonderstatut verfügen, ähnliche Referenden abzuhalten. Auch die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, einige Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände unterstützen die Autonomieforderungen.

"Reine Wahlpropaganda"

Die Regierung von Premier Paolo Gentiloni in Rom zeigt sich abwartend. Einige Minister kritisieren den Vorstoß als "reine Wahlpropaganda" der Lega Nord. "Um Verhandlungen einzuleiten, hätte ein Schreiben an die Regierung genügt, das würde keinen Euro kosten", erklärte Umweltminister Galletti.

Doch nicht alle Politiker des regierenden Partito Democratico (PD) sind auf Parteilinie. Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala etwa ließ durchklingen, grundsätzlich für zusätzliche lokale Kompetenzen offen zu sein und mit Ja zu stimmen.

Ex-Premier Matteo Renzi hingegen kritisiert die Verschwendung öffentlicher Gelder. Allein 23 Millionen Euro wurden in der Lombardei für den Kauf von Tablets ausgegeben, mit denen elektronisch gewählt wird.

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