Außenminister der USA und Großbritanniens: Besuch in Kiew

Antony Blinken
Mit dem Besuch könnte die Erlaubnis näherrücken, dass die Ukraine westliche Waffen für Ziele in Russland verwenden darf. Biden: "Wir arbeiten daran."

Die Außenminister der USA und Großbritanniens, Antony Blinken und David Lammy, werden heute gemeinsam in der ukrainischen Hauptstadt Kiew erwartet. 

Mit diesem Besuch könnte die Erlaubnis näherrücken, dass die bedrängte Ukraine mit westlichen Waffen militärische Ziele auch tief auf russischem Gebiet angreifen darf. Im Kern geht es um den Einsatz von ATACMS-Artillerieraketen aus US-Produktion und britischen Storm-Shadow-Raketen.

Blinken sagte vor der Reise in London, sein Kollege und er wollten erkunden, wie die Ukraine in der gegenwärtigen Lage am besten unterstützt werden kann. Dies wollten sie ihren Chefs für deren Treffen am Freitag berichten. 

US-Präsident Joe Biden empfängt dann in Washington den britischen Premierminister Keir Starmer. In Kiew sei ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ranghohen Regierungsvertretern geplant, teilte das US-Außenministerium mit. 

Die Reise komme zu einem kritischen Zeitpunkt für die Ukraine, sagte Blinken. Russland intensiviere seine Aggression gegen Zivilisten, wichtige Infrastruktur und das ukrainische Militär. "Wir sehen, wie es seine Angriffe auf Städte, Menschen und im Besonderen die Energieinfrastruktur vor den kalten Monaten erhöht", sagte der US-Außenminister.

Die Ukraine wehrt seit mehr als zweieinhalb Jahren eine großangelegte russische Invasion ab. Ministerpräsident Denys Schmyhal sagte in Kiew, wegen der Schäden am Energiesystem stehe die Ukraine wahrscheinlich vor dem bisher schwierigsten Kriegswinter. Auch in der Nacht auf Mittwoch meldete das ukrainische Militär wieder russische Luftangriffe.

Bisher haben die USA den Einsatz ihrer Waffen gegen Russland auf die Abwehr der russischen Offensive gegen die ostukrainische Stadt Charkiw beschränkt. Doch die Ukraine bittet seit längerem darum, dass sie weitreichende Waffen aus US-Produktion auch gegen Ziele weit hinter der russischen Grenze einsetzen darf. 

Nur so könnten russische Militärflugplätze getroffen werden, von denen Kampfjets aufsteigen, um Gleitbomben abzuwerfen oder Raketen abzufeuern. Diese treffen große Städte wie Charkiw, aber auch ukrainische Schützengräben an der Front. In Washington forderten mehrere Politiker der Republikaner Präsident Biden in einem Brief auf, die Beschränkungen aufzuheben.

Allerdings verfügen die bisher von Washington bereitgestellten ATACMS-Raketen nur über eine Reichweite von gut 300 Kilometern. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin räumte kürzlich in Ramstein auch ein, dass das russische Militär seine Kampfflugzeuge bereits seit einiger Zeit auf weiter entfernte Flugfelder verlegt hat. Bisher setzt die Ukraine für Angriffe im russischen Hinterland nur eigene Drohnen ein, die aber vergleichsweise wenig Sprengstoff tragen.

Die US-Regierung "arbeitet" nach Angaben von Präsident Joe Biden derzeit an einer Freigabe der von den USA an die Ukraine gelieferten Langstreckenwaffen auch für Angriffe auf russisches Gebiet. "Wir arbeiten daran", sagte Biden am Dienstag vor Journalisten. Insidern zufolge stehen die USA kurz vor einer Einigung über die Lieferung solcher Waffen an die Ukraine. Die Regierung in Kiew müsse aber noch einige Monate warten, da die USA vor einer Lieferung technische Fragen klären müssten.

Die Regierung in Washington zögerte bisher aus Angst vor einer Eskalation des Konflikts, Langstreckenwaffen zu liefern oder deren Einsatz gegen Ziele tief im Inneren Russlands zu genehmigen.

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