Atomgespräche in der Sackgasse
Der Atomstreit zwischen dem Westen und dem Iran schwelt weiter. „Das war wieder viel Lärm um nichts“, meint ein westlicher Diplomat nach den zweiten Atomverhandlungen binnen fünf Wochen in der kasachischen Ex-Hauptstadt Almaty. „Die Iraner verstehen einfach nicht, dass sie aus diversen Gründen den ersten Schritt machen müssen und nicht umgekehrt.“ Die Hoffnung auf eine Annäherung ist damit vorerst verflogen.
Bei dem verlangten „ersten Schritt“ handelt es sich um ein Eingehen auf den Vorschlag der sogenannten 5+1-Gruppe (die fünf UN-Vetomächte sowie Deutschland) vom ersten Almaty-Treffen Ende Februar. Demnach soll die Arbeit in der Uran-Anreicherungsanlage Fordo verlangsamt und die weitere Urananreicherung auf 20 Prozent eingestellt werden. Das Neue daran: Fordo soll nicht mehr geschlossen werden. Außerdem dürfte der Iran das bereits angereicherte Uran nicht nur behalten, sondern auch für den medizinischen Reaktor in Teheran in Brennstäbe umwandeln. Chefverhandlerin und EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton fordert von der Islamischen Republik eine klare Antwort auf dieses Angebot. Doch die bekommt sie wieder einmal nicht. Vielmehr legt der Iran wieder einmal einen Gegenvorschlag auf den Tisch. Und Teheran beharrt auf der Forderung, das iranische Recht auf zivile Atomnutzung anzuerkennen. Außerdem verlangt es die Aufhebung von Sanktionen, die vor allem den Finanz- und Bankensektor treffen. Für Ashton ist das kein Thema. Die Positionen lägen noch immer weit auseinander, betont sie. Zwar habe es erstmals ein „echtes Hin und Her zwischen uns gegeben, aber was letztlich zählt, ist Substanz“.
„Vom Inhalt selbst hat der Iran ja kein Problem mit dem Vorschlag“, sagt ein Politologe in Teheran. Nur wolle der Iran die Anerkennung seiner Rechte als Faustpfand halten, um im Gegenzug die wirtschaftlich immer schmerzhafteren Zwangsmaßnahmen vom Tisch zu bekommen. Selbst Irans Chefunterhändler Said Dschalili sieht in dem Vorschlag positive Aspekte, eine „logischere Einstellung“ der Gegenseite. „Zwar ist auch eine Anreicherung auf 20 Prozent unser Recht, aber falls eine Einstellung einer Einigung dient, dann kann man darüber reden“, sagt Dschalili.
Beobachter fühlen sich an eine Dauerschleife erinnert: Einmal mehr treffen sich die Vertreter der 5+1-Gruppe mit dem iranischen Verhandlungsteam. Und einmal mehr gibt es keine Einigung. Der Westen hält den Verdacht, dass der Iran heimlich an einem Atomwaffenprogramm arbeitet, für nicht ausgeräumt. Die USA fordern Teheran auf, die Gespräche nicht weiter zu verzögern. „Das ist kein endloser Prozess“, sagte US-Außenminister John Kerry am Sonntag vor Journalisten bei einem Besuch in Istanbul. Die Tür für Gespräche stehe zwar weiter offen. Aber: „Wir können nicht nur reden um des Redens Willen."
Israel drängt auf konkrete Resultate
Israel fordert eine härtere Gangart von den Weltmächten. Die „gesamte Welt, die USA und der Westen“ müssten dem Mullah-Regime, das dem jüdischen Staat schon unverhohlen mit "Auslöschung" gedroht hat, militärische Schritte oder einer andere „unmissverständliche rote Linie“ in Aussicht stellen, um Ergebnisse zu erzielen, sagte Strategie-Minister Juwal Steinitz am Sonntag dem israelischen Armee-Rundfunk. „Sanktionen reichen nicht und Gespräche reichen nicht. Die Iraner reden und lachen sich zu einer Bombe, während sie Uran anreichern.“ Der Iran wolle nur Zeit gewinnen: "Stellen Sie sich vor, was in zwei, drei Jahren nicht nur Israel, sondern auch Europa, den USA und der gesamten Welt widerfahren könnte, wenn das fanatische und extreme Regime in Teheran Nuklearwaffen bekommt.“ Sofern der Iran nicht aufhöre, Uran anzureichern, sollte innerhalb von „ein paar Wochen, einem Monat“ gehandelt werden, fügte der enge Vertraute von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hinzu.
Offiziell – und um eine Eskalation im Atomstreit zu verhindern – wollen Ashton und Dschalili nach Prüfung der jüngsten Entwicklungen weiterverhandeln. Aber weder Ort noch Datum der nächsten Gesprächsrunde werden zunächst bekanntgegeben. Diplomaten beider Seiten in Almaty sind der Meinung, dass ein neues Treffen erst nach der iranischen Präsidentenwahl am 14. Juni Sinn macht. Dann ist der umstrittene Mahmud Ahmadinedschad nach zwei Amtsperioden nicht mehr Staatschef, da er laut Verfassung nicht mehr kandidieren darf. Und möglicherweise ist Dschalili auch nicht mehr Chefunterhändler. Neue Personen, neues Glück, so hofft manch Teilnehmer in Almaty.
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