Assad-Rücktritt verhandelbar?

Assad-Rücktritt verhandelbar?
Syriens Vizepremier schließt Gespräche über den Abgang des Diktators nicht aus. Obamas Drohung ist für ihn "Wahlkampf".

Der Bürgerkrieg in Syrien hat ein derart dramatisches Stadium erreicht, dass jede Wortmeldung Gewicht erhält: So ließ Syriens Vizepremier Kadri Jamil Dienstagabend in Moskau aufhorchen, als er einen Rücktritt von Bashar al-Assad nicht ausschloss: "Während eines Verhandlungsprozesses kann man über alles reden. Und wir sind sogar bereit, über diese Frage zu sprechen."

Jamil schwächte zwar sofort ab, den Rücktritt zur Vorbedingung für Verhandlungen zu machen würde bedeuten, dass die gar nicht stattfinden könnten. Aber immerhin – er hatte die Worte Assad und Rücktritt in einem Atemzug verwendet.

Die knallharte Drohung von Präsident Barack Obama, die USA würden militärisch in Syrien eingreifen, sollte das Regime chemische Waffen einsetzen oder in falsche Hände weitergeben, brachte Jamil mit dem laufenden Präsidentschaftswahlkampf in Verbindung. Er meinte aber auch: "Der Westen sucht nach einer Ausrede, um sich direkt in die Angelegenheiten unseres Landes einzumischen."

Russlands Außenminister Sergej Lawrow, einer der letzten Verbündeten Assads, warnte indirekt vor einem militärischen Alleingang der USA. Moskau lege größten Wert darauf, dass internationales Recht und die Charta der Vereinten Nationen eingehalten würden.

Die USA reagierten zurückhaltend auf Äußerungen Jamils. Der US-Regierung seien die Inhalte der Pressekonferenz bekannt, sagte die Sprecherin des US-Außenamts in Washington, Victoria Nuland, noch am Dienstag. "Offen gesagt, wir haben nichts wirklich Neues gesehen." Damaskus wisse, was es zu tun habe, sagte sie.

"Rote Linie"

Auch in den USA wurde am Dienstag darüber diskutiert, welches Signal Obama senden wollte, als er am Vorabend den Einsatz von Chemiewaffen als "rote Linie" bezeichnet hatte. Läutete der Präsident damit einen Kurswechsel ein, weg von der bisherigen Zurückhaltung? Oder wollte er andeuten: Kein Eingreifen in den Konflikt, soferne auf Massenvernichtungswaffen verzichtet wird. Immerhin drängen die Assad-Gegner seit langem auf die Einrichtung einer Flugverbotszone.

Eines ist sicher: Obama muss auch den Konflikt mit dem Iran im Auge behalten. Als Horrorszenario gilt: Israel schlägt allein gegen Irans Atomanlagen los und zwingt den US-Verbündeten zum aktiven Beistand. Und zugleich müssen Zehntausende US-Soldaten nach Syrien, um die Chemiewaffen zu sichern.

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