Asia Bibi bleibt in Haft, ihr Anwalt floh
Viel hat sich für Asia Bibi seit ihrem Freispruch nicht geändert. Genau genommen gar nichts. Die 51-jährige Christin, deren Todesurteil wegen Blasphemie am vergangenen Mittwoch aufgehoben worden war, sitzt weiter in Haft. Ihr Anwalt hat inzwischen das Land verlassen. Er fürchte um sein Leben und das seiner Familie. Und ihr Ehemann bat in einem eindringlichen Appell westliche Staaten um Asyl für sich und seine Frau sowie für die fünf Kinder des Paares. Er und seine Töchter wechselten täglich ihren Aufenthaltsort, sicher sei es nirgends in Pakistan.
Drei Tage lang hatten radikale Islamisten nach der Aufhebung des Todesurteils gegen Asia Bibi das Land quasi lahmgelegt, Straßen blockiert und den Tod der Frau sowie der für die Aufhebung verantwortlichen Richter gefordert. Die gewaltsame Reaktion auf die Aufhebung des Urteils sei „traurig aber nicht unerwartet“, so Saif-ul-Mulook, Anwalt Asia Bibis. „Schmerzhaft“, so sagt er, sei allerdings die Antwort der Regierung auf die Proteste. Der Jurist spricht damit einen Deal zwischen der Regierung unter dem ehemaligen Cricket-Star Imran Khan und der radikalen Partei Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) an. Dem zufolge will die Regierung den Islamisten erlauben, einen Revisionsantrag gegen die Urteilsaufhebung durch das Höchstgericht einzubringen, und Asia Bibi an der Ausreise hindern. Minister bestätigten den Deal. Die von der TLP angefeuerten Ausschreitungen waren mit dem Abkommen mit einem Schlag beendet.
„Kapitulation“
Das liberale Pakistan tobt indes. Die Regierung, so ul-Mulok, könne nicht einmal ein Urteil des Obersten Gerichts umsetzen. Der Anwalt hält sich in den Niederlanden auf, gab aber an, Asia Bibi weiter vertreten zu wollen, wenn ihm Sicherheit garantiert würde. Liberale pakistanische Medien nennen das Abkommen eine „Kapitulation“ vor gewalttätigen Islamisten.
Besänftigt ist das Lager der Islamisten damit aber keineswegs. Anführer der TLP kritisierten scharf die Festnahme Hunderter Partei-Anhänger wegen der Ausschreitungen. Und zugleich sorgt der Mord an einer spirituellen wie politischen Autorität dieses Lagers für Spannungen. Am Freitag war Sami Ul-Haq in seinem Haus erstochen worden. Er galt als Vater der Taliban, war ein einflussreicher Ideologe, Betreiber von Koranschulen sowie Politiker. Seine Partei JUI-S war zeitweise mit der TIP Khans verbündet.
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