Alexej Nawalny ist aus dem Koma erwacht

Kreml-Kritiker Alexej Nawalny soll vergiftet worden sein
Das teilte am Montag die Berliner Charité mit. Der Patient werde schrittweise aufgeweckt und reagiere auf Ansprache.

Der Gesundheitszustand des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny hat sich gebessert. „Das durch Medikamente aufrechterhaltene künstliche Koma des Patienten konnte beendet werden“, teilte die Berliner Charité am Montag per Twitter mit. „Der Patient wird schrittweise von der maschinellen Beatmung entwöhnt.“ Er reagiere auf Ansprache.

Langzeitfolgen der schweren Vergiftung seien aber weiterhin nicht auszuschließen.Nawalny ist nach Angaben der Bundesregierung durch das Nervengift Nowitschok vergiftet worden.

Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland ins Koma gefallen und später auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt worden. Die Bundesregierung hatte nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansehe, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei.

Russland bestreitet, in den Fall des 44 Jahre alten Oppositionellen verwickelt zu sein. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach am Montag erneut von „absurden Versuchen“, die russische Staatsführung damit in Verbindung zu bringen.

Allerdings geht auch die britische Regierung von einer Beteiligung des russischen Staates aus, „weil Nowitschok schwer zu bekommen ist“, wie Außenminister Dominic Raab sagte. Er zitierte deshalb den russischen Botschafter in London zu sich. 

Es sei „absolut inakzeptabel, dass ein verbotener chemischer Kampfstoff eingesetzt wurde“, so Raab. Er forderte eine „vollständige, transparente“ Untersuchung von Russland. Auch Österreich hatte vergangenen Freitag den russischen Botschafter wegen der Causa ins Außenministerium bestellt.

Nachweis durch Nowitschok-Proben

In Berlin informierten am Montag die Nachrichtendienste das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages über ihre Erkenntnisse. „Ich habe jetzt verstanden, warum die Bundeskanzlerin so klar Stellung bezogen hat“, sagte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae anschließend. „Für mich ist nach dieser Sitzung klar: Das Gift muss von staatlichen russischen Stellen kommen.“
Die deutschen Behörden hätten sehr genaue Erkenntnisse zu dem Stoff, mit dem Nawalny vergiftet wurde, sagte der CDU-Innenpolitiker Patrick Sensburg. „Die westlichen Dienste haben natürlich Nowitschok-Proben, um die unterschiedlichen Formen aus dieser Gruppe nachweisen zu können.“

Diese Proben habe man sich durch „nachrichtendienstliche Erkenntnisse“ beschaffen können, sagte er der Welt - „das hat die Russen sehr geärgert.“ Spuren dieser Proben könnten zum Nachweis der Substanz im Labor der Bundeswehr genutzt werden: „Man kann ja teilweise sogar nachweisen, aus welcher Produktion diese Art von Nowitschok dann jeweils kommt.“

Ostsee-Pipeline

Unterdessen schließt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr aus, dass die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2, an der auch die österreichische OMV beteiligt ist, von möglichen Sanktionen gegen Russland betroffen sein könnte. Merkel schließe sich den Aussagen Maas' vom Wochenende an, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Maas hatte gesagt, er hoffe, dass Russlands Reaktion nicht dazu führe, dass man das Projekt überdenken müsse.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte ein Rechtshilfegesuch in Deutschland gestellt. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte in der ARD gesagt, die deutsche Seite werde dem zustimmen. Peskow zufolge sieht Moskau auch keinen Grund dafür, weshalb Berlin nicht in dem Fall kooperieren sollte.
Der Fall Nawalny hat inzwischen auch eine Diskussion über einen Stopp des Projekts Pipeline Nord Stream 2 ausgelöst.

Der russische Oppositionelle hat in seiner Heimat unter anderem verschiedene Korruptionsskandale aufgedeckt.

Kommentare