Vučić zu eskalierenden Protesten: "Die Masken sind gefallen"

Anti-government protest in Belgrade
Die Proteste in Serbien dauern noch an. Präsident Vučić meldete sich via Instagram zu Wort, um diejenigen zu warnen, die sich an "Gewalt beteiligt" haben.

Zusammenfassung

  • Bei Protesten gegen Präsident Vučić kam es in Serbien den vierten Tag in Folge zu Gewalt, darunter Brandanschläge auf SNS-Parteilokale und Angriffe auf Behördengebäude.
  • Auslöser der Proteste war der Einsturz eines Bahnhofs in Novi Sad mit 16 Toten, wofür Opposition und Experten Korruption und Schlamperei der Regierung verantwortlich machen.
  • Die Gewalt eskalierte nach wiederholten Angriffen von SNS-Anhängern auf Protestierende, wobei die Behörden kaum strafrechtlich gegen die Täter vorgingen.

Bei Protesten gegen die Regierung von Präsident Aleksandar Vučić ist es in Serbien den vierten Tag in Folge zu Gewaltakten gekommen. Die schwersten Ausschreitungen ereigneten sich Medienberichten zufolge in der zentralserbischen Stadt Valjevo, wo Regierungsgegner das Parteilokal der Vučić-Partei SNS in Brand setzten sowie Gebäude der Stadtverwaltung und der örtlichen Staatsanwaltschaft beschädigten.

"Die Masken sind gefallen"

Auf seinem offiziellen Instagram-Account kommentierte Aleksandar Vučić die Eskalation der Proteste im Land. Die "Zeit der Verantwortung" sei gekommen, alle, die sich an der Gewalt beteiligt haben, würden zur Rechenschaft gezogen werden, so Vučić. Die Gewalt habe zwar viel Schaden angerichtet, aber auch etwas Gutes mit sich gebracht. "Alle Masken sind gefallen, die Menschen sehen alles, ihre Nervosität nimmt zu, die Hysterie nimmt zu, die Gewalt wird immer ausgeprägter, weil sie nichts anderes zu bieten haben", so Vučić. 

Auf dem Instagram-Account der protestierenden serbischen Studenten, der mehr Follower zählt als der Account Vučićs, wurden die verschiedenen Orte veröffentlicht, an denen Demonstrationen stattfanden. Auch Videos von den Szenen auf den Straßen Belgrads wurden geteilt. Zu sehen sind zahlreiche Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten. Ein Beitrag zeigt Polizisten mit Schlagstöcken und die Frage: "Würdest du auch deine Kinder so schlagen?"

Während der Proteste wurden Leuchtraketen und Pyrotechnik eingesetzt. Die größten Ausschreitungen gab es in der Stadt Valjevo.

Keine strafrechtliche Verfolgung

Der Zorn der Demonstranten in der Stadt 100 Kilometer südwestlich von Belgrad richtete sich gegen den Umstand, dass zwei Tage zuvor Schlägertrupps der Regierungspartei SNS ein Café im Besitz eines Sympathisanten der Protestbewegung zerstört hatten. 

In derselben Nacht hatten Schläger der SNS die Werkstatt des Vaters einer Studentenaktivistin überfallen und ihren Betreiber krankenhausreif geprügelt. Die Behörden unternahmen keine Schritte zur strafrechtlichen Verfolgung dieser Gewaltakte.

In der Nacht zum Sonntag demonstrierten Regierungsgegner in zahlreichen Städten Serbiens. Zu Zusammenstößen mit der Polizei kam es den Berichten zufolge auch in der Belgrader Vorstadt Neu-Belgrad. 

Innenminister Ivica Dačić sagte kurz vor Mitternacht, dass ein Gendarm verletzt und 18 Demonstranten festgenommen wurden. Angaben über die Zahl verletzter Protestteilnehmer machen die serbischen Behörden keine.

16 Menschen gestorben

Auslöser der Proteste Seit mehr als neun Monaten demonstrieren fast jeden Tag viele Menschen in Serbien gegen Vučić. Auslöser der Proteste war der Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024. 

Dabei kamen 16 Menschen ums Leben. Unabhängige Experten und Oppositionelle machen Schlamperei und Korruption unter der Vučić-Regierung für die Tragödie verantwortlich.

Frustration der Bürger

Die Proteste waren bis zum vergangenen Mittwoch weitgehend gewaltfrei verlaufen. Allerdings waren die Kundgebungen von Anfang an immer wieder von organisierten Anhängern der Vučić-Regierung tätlich angegriffen worden. 

Diese Übergriffe wurden nur selten geahndet. Die neue Dynamik mit gewalttätigen Ausschreitungen, die auch von Demonstranten ausgehen, führen unabhängige Medien auf die Frustration der Bürger über die Tatenlosigkeit der Behörden angesichts der Gewalt der Regierungsanhänger zurück. 

Kommentare