Mörsergranaten auf eine Hochzeitsgesellschaft
Es gab Kämpfe – und es gab Tote. Wieder einmal Kinder, Frauen, Alte. Diesmal aber besonders viele. Bei einer Hochzeit in der Region Sangin im Bezirk Helmand im Süden Afghanistans schlugen in der Nacht auf Donnerstag schwere Artilleriegeschosse ein. Mindestens 26 Menschen starben, mehr als 50 wurden verletzt. Es ist völlig unklar, wer geschossen hat. Es ist ebenso unklar, ob es sich um einen bewussten Angriff oder einen Fehler gehandelt hat. Eines scheint sicher: Unweit der Feier gab es zu dem Zeitpunkt schwere Kämpfe zwischen Einheiten der afghanischen Armee ANA und den Taliban. Aber die gibt es an vielen Orten derzeit. Der lokale Kommandant der Armee sprach von einem fatalen Fehler, alles deute darauf hin, dass die Armee geschossen habe. Er versprach lückenlose Aufklärung. Aber es war eben nur einer von vielen Vorfällen an diesem Tag und die afghanischen Stellen haben kaum die Kapazität, auch nur die grundlegendsten Aufgaben zu erfüllen.
Und mit dem Abzug der ISAF und dem letztlich auch wegen der Sicherheitslage reduzierten Engagement ausländischer NGOs fallen weitere Einnahmen in vielen Geschäftsfeldern weg: von Taxiunternehmen über Gästehäuser bis hin zum ganz normalen Einzelhandel. Zwar gibt es einen ISAF-Nachfolgeeinsatz, aber der umfasst nur 12.000 übers ganze Land verteilte Soldaten, die sich nur dem Training der ANA widmen. Zwischenzeitlich hatte die ISAF 140.000 Mann.
Präsident Ashraf Ghani nannte das Ende der ISAF "historisch". Und er fügte an: "Wir werden nicht zulassen, dass von unserem Grund und Boden aus gegen unsere Nachbarn vorgegangen wird, und wir erwarten dasselbe von unseren Nachbarn." Ein Seitenhieb gegen Pakistan. Kabul beschuldigt Islamabad, die Taliban zu unterstützen. Das mag ein Problem sein – es ist aber sicher nicht das einzige.
Kabul in der Silvesternacht: Ein Autounfall, es folgt eine Schießerei mit automatischen Waffen. Am Ende sind acht Menschen tot, darunter der Sohn des Polizeigenerals Deen Mohammad Jurat, ein einst mächtiger Mudschaheddinführer, sowie ein Gefolgsmann des ebenso einflussreichen Ex-Mudschaheddin Hajim Rahim Puri. Mit den Taliban hatte dieser Kampf rein gar nichts zu tun.
Und es klingt ein wenig wie ein Hohn, wenn Vize-Präsident Abdul Rashid Dostum am ersten Jänner nach einem Besuch im Norden des Landes verkündet, er habe 20.000 Mann bereit, um die Taliban dort auszuradieren – und diese zugleich aufrief, sich dem Friedensprozess anzuschließen, weil Friede besser sei, als zu morden. Dostum hatte sich einst einen Namen damit gemacht, Gefangene mit Panzern überfahren zu lassen.
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