Nach Migrationsstreit in Deutschland: Massen-Proteste gegen rechts

Es war nach Meinung vieler politischer Beobachter eine historische Woche in Deutschland, mit einer Zeitenwende im Parlamentarismus. Denn erstmals erhielt die von den demokratischen Parteien hochgezogene so genannte Brandmauer gegen rechts starke Risse.
Der Kanzlerkandidat der Union (CDU/CSU), Friedrich Merz, machte in Sachen Migration am Mittwoch erstmals gemeinsame Sache mit der in Teilen als rechtsextrem eingestuften AfD. Einen totalen Durchmarsch in der Causa verhinderten zwar am Freitag ein Dutzend seiner eigenen Parteigenossen. Doch da war der Schaden schon angerichtet – auch Merz beschädigt.
Demos "für die Brandmauer" in ganz Deutschland
Die Folge: Große Demonstrationen im ganzen Land, die ihren vorläufigen Höhepunkt an diesem Wochenende zeitigen. Allein in der Bundeshauptstadt Berlin waren Samstag und Sonntag mindestens elf Kundgebungen angemeldet.
Die größte dürfte heute, Sonntag, ab 15.30 Uhr von der Reichstagswiese ihren Ausgang nehmen. Von dort geht es zum Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale. Als Redner wird auch Ex-CDU-Mitglied Michel Friedmann auftreten. Motto des Protests, zu dem mehr als 20.000 Menschen erwartet werden: „Aufstand der Anständigen – Demo für die Brandmauer.“

Merz hatte diese ohne Not sturmreif geschossen, betont aber weiterhin, nach der Bundestagswahl, die genau in drei Wochen über die Bühne gehen wird, keinesfalls mit der AfD koalieren zu wollen.
Wer von den jüngsten Entwicklungen in Deutschland profitiert, zeigt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA (durchgeführt am vergangenen Donnerstag und Freitag) im Auftrag der "Bildzeitung". Demnach verharrt die Union bei 30 Prozent Zustimmung (sie lag schon einmal deutlich darüber), während die AfD einen Prozentpunkt zulegen konnte. Auch die SPD mit Kanzler Olaf Scholz konnte sich um einen Prozentpunkt verbessern.
Der Noch-Regierungschef, der vielen als betulicher und zögerlicher Verwalter gilt, versuchte diese Woche den emotionalen Befreiungsschlag. In der Bundestagsdebatte attackierte er Merz voll – und legte in einem Interview mit der ARD zum Wochenende hin nach: „Über die ganze Geschichte der Bundesrepublik waren sich alle Kanzler einig, von Adenauer über Brand, Schmidt, Kohl, Merkel, dass mit den extremen Rechten keine gemeinsame Sache gemacht wird.“
Verweis auf Österreich
Ausdrücklich verwies Scholz auf die momentane Situation in Österreich. „Es ist wichtig, dass es keine schwarz-blaue Mehrheit gibt, sonst kann uns ein österreichisches Erwachen passieren.“ Denn auch in der Alpenrepublik hätten alle Parteien gesagt, sie wollten nicht mit der FPÖ regieren. Dann habe sich aber die Unionsschwesterpartei ÖVP sogar bereit erklärt, einen FPÖ-Kanzler Herbert Kickl mitzuwählen. Scholz: „Also, das ist eine große Gefahr. Mann kann Herrn Merz nicht trauen.“
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