"Nicht alternativlos": Petrys kalkuliertes Spiel mit dem Rückzug

Frauke Petry
Dass die AfD-Chefin über ihren Ausstieg spricht, hat Methode: Sie will Debatte über ihre Person beenden – und die Talfahrt der Partei.

Große Emotionen waren eigentlich nie ihre Sache. Kühl, und abgebrüht, das hörte man aus der Partei über Frauke Petry; manch einer nannte sie sogar machtbesessen. Aber sensibel oder verletzlich? Auf die Idee wäre bisher niemand gekommen.

Seit dieser Woche ist das anders. Am Sonntag war die sonst harte Parteichefin in Tränen ausgebrochen, weil ihr Kritiker in ihrem Heimatbundesland Sachsen den ersten Listenplatz streitig gemacht hatten; die Wortwahl dabei war nicht gerade zimperlich. Sie schade der Partei, indem sie Rechtsaußen Björn Höcke isoliere, hieß es da; auch das Wort "Diktatorin" fiel.

"Das Leben überdenken"

Das ist eine Kritik, die der Zirkel um den wohl umstrittensten AfDler seit Monaten auf sie einprasseln lässt. Dass ihr das irgendwann zu viel werden könnte, damit hat aber kaum jemand gerechnet – bis Petry nun in einem Interview mit dem Tagesspiegel genau das in den Raum stellte: "Weder die Politik noch die AfD sind für mich alternativlos", sagte sie da; es sei sinnvoll, das eigene Leben von Zeit zu Zeit zu überdenken. "So halte ich das auch jetzt, nach mehr als vier Jahren in der AfD, die einen enormen Kraftaufwand bedeutet haben und den Abschied von einem geregelten Leben." Dabei spielt offenbar nicht nur ihr fünftes Kind, das sie demnächst erwartet, eine Rolle, sondern die Anfeindungen: Jeder Politiker müsse zugeben, dass so etwas ihn persönlich berührt – so auch sie: "Alles andere wäre gelogen."

Dass dies als ernsthafte Rückzugsandrohung zu lesen ist, ließ Petry freilich nach Veröffentlichung gleich wieder dementieren, aber unabsichtlich rausgerutscht dürfte ihr das Ganze wohl nicht sein – schließlich hat sie jede Aussage selbst autorisiert.

Kandidaten-Streit

Somit ist wohl allein das Spiel mit dem Ausstieg ein Signal an ihre Kritiker: Petry will allein in die Bundestagswahl ziehen, doch viele wünschen sich neben ihr einen zweiten, aggressiveren Kandidaten. Daneben bezweifelt aber kaum wer, dass es ohne sie umso schwieriger würde. Sie, die vor zwei Jahren noch für den rechten AfD-Flügel stand, gilt nun als Bindeglied zu den gemäßigten Wählern – und die würden ohne sie zu CDU oder FDP abwandern.

Das ist es auch, was die Machtspielchen aus dem Ruder laufen lässt. Seit Wochen leidet die AfD unter Wählerschwund; war man vor ein paar Monaten bei gut 15 Prozent, ist die Partei auf knapp sieben geschrumpft. Das ist der niedrigste Wert seit Petry 2015 Parteichefin wurde.

Sie selbst sieht den Grund dafür in den Streitereien in der Partei. Genau deshalb wirkt der Emotionsschub auch so kalkuliert: Dem Tränenausbruch vom Sonntag folgte jedenfalls ein überraschend gutes Wahlergebnis von 72 Prozent – und Platz eins auf der Landesliste. Bleibt abzuwarten, ob die Rückzugs-Gedankenspiele den selben Effekt haben.

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