Kerry rechtfertigt Absetzung Mursis

Der US-Außenminister provoziert mit seinen Aussagen den Zorn der Muslimbrüder. Auch Ankara übt Kritik.

Das Militär wurde von Millionen und Abermillionen Menschen zum Einschreiten gebeten, die allesamt Angst davor hatten, in Chaos und Gewalt abzugleiten" – mit dieser Rechtfertigung des Sturzes der demokratisch gewählten Regierung Ägyptens hat US-Außenminister John Kerry in der arabischen Welt für Aufregung gesorgt. Er halte die Absetzung Mursis durch die Armee als Entscheidung im Sinne des Volkes für gerechtfertigt, sagte der Politiker dem Fernsehsender Geo am Donnerstag während eines Besuches in Pakistan.

Auch die Frage der Gewalt – Dutzende Menschen starben während des Umsturzes, das Militär schoss auf Mursi-Anhänger – wurde angesprochen. "Das hat mit der Wiederherstellung von Demokratie nichts zu tun, und wir sind sehr, sehr besorgt", meinte Kerry zu diesem Punkt. Er stehe in Kontakt mit allen beteiligten Kräften in Ägypten und habe "klar gemacht, dass so etwas absolut nicht hinnehmbar ist und nicht passieren darf".

Muslimbrüder geben USA Mitschuld

Die Muslimbrüder sind klarerweise entsetzt über diese Kehrtwende in der US-Politik. "Wir glauben, dass die US-Regierung mitschuldig an dem Militärputsch ist", erklärte der Sprecher der Islamistenbewegung, Gehad al-Haddad, am Freitag in Kairo.

Der Sprecher der Muslimbrüder forderte die US-Bevölkerung auf, sich gegen eine Regierung zu erheben, "die ihre Werte verrät, indem sie Tyrannei und Diktatur unterstützt". Linke und liberale Parteien in Ägypten hatten der US-Regierung in den vergangenen Monaten wiederum vorgeworfen, sie unterstütze die Herrschaft der Islamisten in Kairo.

Auch die türkische Regierung hat die Äußerungen Kerrys scharf kritisiert. Über den Kurznachrichtendienst Twitter ließ Vizeregierungschef Bekir Bozdag wissen, dass „Putsche keine Demokratie, sie ruinieren und zerstören den Weg der Demokratie bringen. So wie in Ägypten."

Putsch oder Nicht-Putsch?

Über die Frage, ob es sich bei dem Umsturz in Ägypten um einen Militärputsch handelte, streiten Experten bis heute. Die US-Regierung ordnet den Machtwechsel offenbar nicht so ein und das möglicherweise auch deshalb, weil sie ansonsten die Militärhilfe für Kairo gemäß geltendem US-Recht hätte einfrieren müssen. Was die weiteren Perspektiven des bevölkerungsreichsten arabischen Staates angeht, zeigte sich Kerry in dem in Pakistan geführten Interview abwartend: "Die Geschichte Ägyptens ist noch nicht zu Ende, deshalb müssen wir sehen, wie sich das Ganze in den kommenden Tagen entwickelt."

Ende der Drohnen-Angriffe

Auch ein anderes Thema hat Kerry aufgegriffen - jenes der Drohnenangriffe auf Ziele in Pakistan. Präsident Obama will nach Kerrys Aussagen Angriffe in absehbarer Zeit einstellen, dazu gebe es auch einen Zeitplan. "Ich denke, das Programm wird beendet werden, weil wir die größte Bedrohung aus dem Weg geschafft haben und weiterhin aus dem Weg schaffen", sagte Kerry.. "Wir hoffen, dass es sehr sehr bald soweit sein wird." Die USA greifen immer wieder Stützpunkte der radikalislamistischen Taliban im Grenzgebiet zu Afghanistan mit den unbemannten Flugzeugen an.

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